Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.
Diese Woche: Das 12 Stufen Theater in Kleinostheim (Interviewpartner*innen: Agnieszka und Torsten Kleemann)
Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit?
Unser Schwerpunkt liegt beim Sprechtheater. Für unseren kleinen 12 Stufen Theaterkeller produzieren wir Solos oder Zwei-Personen-Komödien mit Tiefgang und gelegentlich Dramen oder ausgefallene Projekte mit Schwerpunkt auf Sound Design, Tanztheater, oder (früher) Akrobatik. Gleichzeitig bieten wir moderne Dramen im Stadttheater Aschaffenburg an, arbeiten kreativ mit Jugendlichen und Senior*innen, und bauen aktuell an unserer ersten Open Air-Spielzeit mit Abendtheater, Kindertheater und unserer ersten Konzertwoche.
Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?
Als Schauspieler*innen stehen wir beide seit ca. 20 Jahren auf der Bühne. In dieser Zeit waren wir u.a. Teil verschiedener freier Ensembles, waren beteiligt am Aufbau des Erthaltheaters Aschaffenburg und gehörten zum Kernensemble des Märchentheaters Aschaffenburg.
Als Schauspieler-Ehepaar haben wir uns für die Region entschieden, für ein echtes soziales Netzwerk und vor allem für einander. Wiederholte Impulse aus unseren Zuschauer*innen-, Familien- und Freundeskreisen bestärkten uns in der Idee, etwas wirklich Eigenes zu gründen. So haben wir schließlich im Herbst 2013, nach vielen Monaten DIY-Baustelle, in einem Gewölbe aus dem 15. Jahrhundert das 12 Stufen Theater Kleinostheim eröffnet, das vermutlich kleinste professionelle Sprechtheater in Deutschland. Der Raum mit 31qm bietet Platz für 24 Zuschauer*innen.
Zu Beginn standen wir vorwiegend selbst auf der Bühne, doch die Zuschauerzahlen waren stabil und so suchten wir später auch die Zusammenarbeit mit anderen Kolleg*innen. Mittlerweile haben wir große Freude daran gefunden, selbst jungen Schauspiel-Nachwuchs für unsere Bühne heranzuziehen.
Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?
Natürlich nimmt unser eigenes Theater in unseren Herzen den größten Raum ein. Da unser Theater sehr klein ist, erwarten wir nicht, in der kommenden Spielzeit aufmachen zu dürfen. Wir bleiben geschlossen, solange der Mindestabstand eingehalten werden muss.
Daher ist es ein enorm großes Thema und sicher eine Herausforderung, unser komplettes Geschäft nahezu neu aufzubauen und umzustrukturieren. Da 90% unserer normalen Arbeitsbereiche auf unbestimmte Zeit blockiert sind, erfinden wir uns gerade nach vielen Jahren neu. Die Idee, mit unserem Spielplan komplett auf Open Air umzusteigen, an ungewöhnlichen Orten zu spielen und Einladungen zu folgen und das Freiluft-Theater als Konzept für die kommenden Jahre einzurichten, ist eine spannende und große Aufgabe.
Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?
Alle Seiten, insofern man von diesen sprechen möchte, sollten weiterhin frei von Vorwürfen und Attacken konstruktiv miteinander kommunizieren. Was hilft tatsächlich? Was tut gar nicht gut? Wir befinden uns alle in einer bisher nie dagewesenen Situation und die Politik probiert genauso, Lösungsansätze zu finden wie die Kreativen Wege suchen, ihren Berufen nachzugehen.
Von der Gesellschaft allgemein zu sprechen ist schwierig. Wir erlebten Loyalität und Unterstützung von vielen Seiten, doch gerade in den sozialen Medien liest man von Spott oder Gehässigkeit. Mit etwas Rücksicht auf die gegenseitige Lage wäre sicher allen geholfen.
In jedem Fall wäre es ein großer Schritt, wenn die Medien (alle Medien) etwas mehr daran interessiert wären, Hoffnung zu vermitteln statt sensationshaschende Schlagzeilen zu generieren.
Wie kann man euch und eure Arbeit aktuell unterstützen?
Aktuell kann man unsere Arbeit nicht unterstützen. Der Sommerspielplan befindet sich noch in Wartestellung und digitale Angebote möchten wir nicht anbieten. Wir sehen uns als „Live on stage“-Performer*innen und glauben fest an die Zukunft der Bühne in Deutschland, und hoffentlich auch überall.
Einen ersten Ausblick auf kommende Veranstaltungen findet ihr hier: https://www.12-stufen-theater.de/sommertheater-2021/.