Stellenausschreibungen des BFDK: Büroleitung; Mitarbeiter*innen im Projekt “Verbindungen fördern”

Der Bundesverband Freie Darstellende Künste (BFDK) sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine engagierte und organisationsstarke Büroleitung, eine Projektleitung für das Sonderprojekt Verbindungen fördern und eine Projektmitarbeit für das Sonderprojekt Verbindungen fördern und den Bereicht Projekte & Veranstaltungen für seine Geschäftsstelle in Berlin. Bewerbungsfrist: 18. April 2021. Vorstellungsgespräche (virtuell) geplant im Zeitraum 3.—6. Mai 2021.

Die Ausschreibung findet sich HIER.

#freieszene: HochX Theater und Live Art München

Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.


Diese Woche: Das HochX Theater und Live Art in München

Das “HochX Theater und Live Art” in München, Copyright: Jean-Marc Turmes

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit?

Das HochX ist eine der wichtigsten freien Spielstätten in München. Seit 2016 zeigen wir Arbeiten aus den Bereichen Theater, Tanz, Musik, Performance, Musiktheater, Kinder- und Jugendtheater, Figurentheater und inklusives Theater. Wir haben selbst kein festes Ensemble, sondern sind Partner und Koproduzent freier Theaterkünstler*innen, Gruppen oder Kollektive. Darüber hinaus gibt es Gastspiele der nationalen und internationalen Szene, u.a. im Rahmen verschiedener Festivals wie etwa DANCE, SPIELART oder RODEO.

Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Das HochX wurde nach umfangreichen Renovierungsmaßnahmen im Herbst 2016 eröffnet. Die Spielstätte in der Entenbachstraße 37, ein Theater mit 140jähriger Geschichte, beherbergte zuvor das i-camp / Neues Theater München. Das Haus verfügt über einen Theatersaal mit 150 Plätzen, ein Foyer mit 50 Plätzen und drei Probenräume. Zudem finden Veranstaltungen im öffentlichen Raum statt. Die künstlerische Leitung haben Antonia Beermann und Ute Gröbel inne; Wolfgang Eibert ist technischer Leiter und Susanne Weinzierl Geschäftsführerin. Das HochX ist eine Infrastruktureinrichtung der Landeshauptstadt München und wird getragen vom Verein “Theater und Live Art München e.V.”.

Wodurch zeichnet sich euer künstlerisches Profil aus?

Das HochX versteht sich als Raum zur Erprobung und Entwicklung neuer Ästhetiken und Arbeitsweisen in den zeitgenössischen darstellenden Künsten. Zu unseren Zielen gehören die Professionalisierung freien Arbeitens, die Vernetzung der Künstler*innen über geographische und disziplinäre Grenzen hinweg und die Kommunikation ästhetischer Prozesse. Besonderes Augenmerk liegt für uns auf der Vermittlung: wir wollen zeitgenössische Kunst für alle erlebbar machen, Brücken bauen zwischen Künstler*innen und Publikum und zudem aktiv in die Stadtgesellschaft hineinwirken. Unser Ziel für die Zukunft ist es, das HochX zu dem in München dringend benötigten Produktionshaus weiterzuentwickeln. Ein Haus, das Soziokultur und Hochkultur, lokales Kunstschaffen und (inter)nationale Vernetzung, Öffnung und Inklusion gleichermaßen verbindet.

Das Team des “HochX”, Copyright: Jean-Marc Turmes

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?

Das Jahr 2021 ist besonders für uns, weil wir unseren fünften Geburtstag mit einer Reihe wunderbarer Veranstaltungen feiern: im Juli hat Smells of Racism von Sandra Chatterjee Premiere, die erste Produktion, die im Rahmen des freischwimmer-Netzwerks entsteht; im September folgt Hibernation, der Abschluss unserer Doppelpass-geförderten Kooperation mit der Gruppe O-Team, und schließlich eröffnet unsere internationale Koproduktion The Drying Prayers des tschadischen Choreographen Taigué Ahmed das Theaterfestival SPIELART im Oktober.

Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?

Die Corona-Krise hat uns wie alle Theater schwer getroffen. Besonders problematisch ist der Lockdown für die bei uns produzierenden freien Künstler*innen, die auf das Einkommen aus ihrer künstlerischen Arbeit existenziell angewiesen sind. Gemeinsam mit ihnen suchen wir nach Alternativlösungen, wie ihre Projekte dennoch realisiert werden können – zum Beispiel als digitales Format. Zugleich arbeiten wir weiterhin intensiv an der Verbesserung unserer Infrastruktur. Aus verschiedenen Teilbereichen des Neustart-Kultur-Programms haben wir eine Förderung in Gesamthöhe von 450.000 € erhalten, die in die Optimierung unserer technischen und betrieblichen Abläufe, in Kommunikation und Vermittlung fließen.
Was möchten wir Politik und Gesellschaft mitgeben? Die Bitte, die freien darstellenden Künstler*innen nicht zu vergessen. Sie sind das Fundament des kulturellen Lebens dieses Landes. Ihnen gehört unsere Solidarität und vor allem großzügige und unbürokratische Hilfe. Die angedrohten Kürzungen in den kommunalen Haushalten in den kommenden Jahren dürfen nicht auf Kosten derjenigen gehen, die Theaterschließungen und Berufsverbote gerade so überstanden haben.

Wie kann man euch und eure Arbeit aktuell unterstützen?

Derzeit arbeiten wir mit digitalen Angeboten, vom Online-Theater über Podcasts bis hin zu Audiowalks.
Unseren Spielplan findet ihr hier: https://theater-hochx.de/programm.html.

#freieszene: Regisseurin Gianna Formicone

Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.


Diese Woche: Die Theaterregisseurin Gianna Formicone

Gianna Formicone, Copyright: Sarah Hieber

Wo liegen die Schwerpunkte deiner Arbeit? Wie würdest du dein künstlerisches Profil beschreiben?

Ich bin freie Theaterregisseurin, arbeite in und auch mal außerhalb von Bayern. Mein Fokus liegt auf Schauspiel, Perfomances und Internationalität. Ich mag es, Schauspiel, Gesang, Musik, Tanz, Kunst und Internationalität zusammenzubringen.

Wie hat sich deine künstlerische Laufbahn entwickelt?

2012 habe ich meine erste Regie im sensemble Theater gemacht. Seitdem habe ich insgesamt über dreißig Inszenierungen gestaltet, für Erwachsenen wie für junges Publikum. In den letzten Jahren habe ich auch meine eigenen Projekte konzipiert und entwickelt. Ich arbeite mit bereits existierenden Theaterstücken oder mit Kurztexten, Gedichten und Liedern und lasse mich von diesen für neue Projekte (Performances oder Stücke) inspirieren.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in deiner künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?

Contact(less) ist ein großes Projekt für mich gewesen. Ich habe diese Performance zum Thema Kontakt in der Zeit des ersten Lockdowns konzipiert und im letzten Sommer gespielt. Eine Wiederaufnahme ist für Anfang August 2021 geplant.

Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtest du Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?

Wir sollten endlich mit unserer Arbeit ernst- und überhaupt wahrgenommen werden. Wir können nicht so weiterarbeiten: Wir sind einfach viel zu schlecht bezahlt, werden aber von der Politik als wichtiger Bestandteil der Gesellschaft propagiert. Tatsächlich sollten wir, wie andere Bereiche, als starker Bereich der Wirtschaft anerkannt werden. Wir bewegen viel, wir beleben Städte, wir schaffen Arbeit, wir verschönern Orte, provozieren, bringen zum Denken, wir verhandeln sozialkritische, politische und aktuelle Themen, damit sie eine Sichtbarkeit bekommen.

Wie kann man dich und deine Arbeit aktuell unterstützen?

Ich bin keine große Freundin der digitalen Dimension, aber es ist tatsächlich gut, diese Alternative zu haben, damit man trotzdem Projekte realisieren und etwas verdienen kann.  Am Besten kann man uns aber unterstützen, indem man uns die Möglichkeit gibt, zu arbeiten.
Wenn es im Sommer wieder mit Hygienekonzepten losgeht, mache ich mir allerdings schon jetzt Sorgen. Wenn ich höre, dass wir am Abend noch schnell das Publikum testen sollen, frage ich mich, wie wir das gewährleisten können und wer das am Ende bezahlt. Schwierig ist diese Situation vor allem für uns Einzelkünstler*innen. Diese so sensible und riesige Verantwortung zu übernehmen, gehört eigentlich nicht zu unserer Arbeit!

Zum erneuten Lockdown bis Mitte April

So schnell kann es gehen: Eben haben wir noch den “Stufenplan” und die geplanten Öffnungen ab 22.03. diskutiert, nun befinden wir uns wieder im Lockdown. Wie es nach dem 12. April weitergehen wird, lässt sich noch nicht absehen.
Wir hoffen aber auf langfristige Perspektiven für die Kulturlandschaft – nicht zuletzt, da das RKI die Infektionsgefahr in Theatern, Kinos und Museen in einem aktuellen Bericht als “niedrig bis moderat” einstuft.

#freieszene: Theater Kunstdünger Valley

Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Das Theater Kunstdünger in Valley (Interviewpartnerin: Gründerin Christiane Ahlhelm)

Theater Kunstdünger: “Der Mond zu Gast”, Credits: Manfred Lehner

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil beschreiben?

Das Theater Kunstdünger möchte einem jungen Publikum Freude am Mitdenken, am Mitfühlen und unerschrockenen Leben geben.

Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Nach der Schauspielschule, sieben Jahren “Abendprogramm” sowie zwei eigenen Kindern erfolgte die Gründung des Theaters Kunstdünger im Jahr 2000. Unsere Schwerpunkte waren schon immer mobiles Theater, Bildersprache und Komik. Es gab eine Phase der Eigenproduktionen mit viel Mut, Chaos und wenig Auftritten. Dann bekanntere Stücke, vor allem Märchen, mit Mut, weniger Chaos und mehr Auftritten. Jetzt konzentrieren wir uns erneut auf eine Eigenproduktion – gut gefördert mit heimlichem Chaos.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?

Es gab einige sehr persönliche Begegnungen (teilweise direkt im Stück) mit unserem jungen Publikum, das unsere Stücke so ernst verfolgt hat und so tief in unsere Stücke eingetaucht ist, dass uns unser Beruf tatsächlich als Berufung erschienen und die Kraft von Theater am eigenen Leib bewusst geworden ist.

Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?

Die jungen Menschen sind unsere Zukunft und Gegenwart. Sie sollten Theater wieder als Lerninhalt und Methode erfahren dürfen – als im Gegensatz zu anderen Ansätzen wesentlich sinnlicheres (und dabei bezahlbares) Konzept.
Von Politik und Verwaltung wünschen wir uns einfachere Anträge, ein Ende des “Flickenteppichs” aus Abrechnungsmethoden und eine effektivere Verwaltung. Künstler*innen sollten sich nicht ständig ausweisen und erklären müssen, wenn sie gleichzeitig in der KSK sind und dort eigentlich “verwaltet” werden.
Nicht nur angesichts der gegenwärtigen Krise erscheint uns die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens als sinnvoller Schritt.

Wie kann man euch und eure Arbeit aktuell unterstützen?

Wir freuen uns darauf, unser Publikum bald wieder begrüßen zu dürfen!
Eine Übersicht unserer Spieltermine findet ihr hier: https://www.theater-kunstduenger.de/spieltermine/.

Gefördert – und jetzt? Gruppenberatung des Theaterbüros München und des vfdkb

Am 25.03. von 16 bis 18 Uhr findet ein virtueller Beratungsworkshop für durch “Neustart Kultur” Geförderte statt, den wir gemeinsam mit dem Theaterbüro München organisieren.

Dabei wird es um die zentralen Fragen gehen, die sich Geförderte jetzt beantworten sollten, z.B.: Was bedeutet es, Projektträger*in zu sein? Wie geht man mit Bundesgeldern um? Wie bereitet man schon im Prozess die Abrechnung vor?

Die Teilnahme ist begrenzt, Anmeldungen sind möglich via Mail an hello@theaterbueromuenchen.de

Wir freuen uns auf den Austausch mit unseren Mitgliedern, Vertreter*innen der bayerischen Kulturszene und natürlich den Münchner Kolleginnen.

#freieszene: Metropoltheater München

Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Das Metropoltheater in München.

Das Metropoltheater in München

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil beschreiben?

Unser Hauptanliegen ist es, Stücke zu zeigen, die gesellschaftspolitische Relevanz haben, und diese in bildstarken Produktionen auf die Bühne zu bringen. Wir möchten eine Geschichte erzählen und die Gedanken und Fantasie unserer Zuschauer anregen. Das Theater ist für uns ein Ort für politische Auseinandersetzung und Reflexion über unsere soziale Wirklichkeit, der Raum gibt für die vielen Schattierungen zwischen Schwarz und Weiß, für die oftmals im Leben draußen kein Platz und keine Zeit ist. Vor allem aber ist es ein Ort der Erinnerung, nicht nur das Erinnern an unsere Geschichte, sondern ein Ort, der uns erinnert, wie es sich anfühlt, lebendig zu sein.

Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Das Metropoltheater wurde 1998 gegründet, in einer Zeit, in der freie Theater in München eher schließen mussten als eröffnet wurden. Allen Unkenrufen zum Trotz („haltet ihr nicht durch“, „viel zu weit vom Stadtzentrum weg, da kommt keiner“, etc.) gehen wir nun also ins 23. Jahr. Unser Förderkreis, der Freundeskreis Metropoltheater München e.V., hat uns von Anfang unterstützt – inzwischen ist er der mitgliederstärkste Kultur-Förderverein Münchens. Kontinuierlich haben wir die Zahl der Vorstellungen und Gastspiele gesteigert, mittlerweile gastieren wir mit unseren Produktionen regelmäßig nicht nur in Bayern, sondern auch im Rest der Bundesrepublik, in Österreich, der Schweiz, Südtirol usw. In der Auswahl unserer Stücke sind wir immer politischer, gesellschaftlich relevanter geworden – wir wollen die sozialen Strömungen aufgreifen, zur Diskussion stellen, Missstände aufzeigen und Stellung beziehen, auf der Bühne aber auch hinter den Kulissen, sei es durch regionale, ökologische Produkte, die wir in unserem Cafébetrieb verwenden, die Verlegung unserer Konten zu einer grün-sozialen Bank, den Umbau zur Barrierefreiheit oder durch den Kauf von extrem energiesparenden Scheinwerfern. Schritt für Schritt versuchen wir, das Metropoltheater über das Künstlerische hinaus immer weiter zu einem sozialen, ökologischen, verantwortungsbewussten Gesamtprojekt zu machen.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?

Künstlerisch ist hier sicherlich die Verleihung des Bayerischen Theaterpreises 2002 für unsere Produktion “Die drei Leben der Lucie Cabrol” zu nennen – das erste und einzige Mal, dass ein freiesTheater den Bayerischen Theaterpreis erhalten hat. Was das Haus selbst angeht, so gibt es zwei Meilensteine, die einen besonderen Platz bei uns einnehmen: 2013 ist es uns gelungen, als eigens gegründete Käufer*innengemeinschaft, bestehend aus Freund*innen und Mitarbeiter*innen des Theaters, nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen mit den damaligen Besitzer*innen das Grundstück mitsamt dem Theater zu erwerben. Die damals im Raum stehende, drastische Mieterhöhung konnte somit abgewendet und sichergestellt werden, dass das Haus langfristig finanziell entlastet ist. Kurz gesagt: Wir standen vor dem Aus, und haben es sprichwörtlich in letzter Minute geschafft. Nur wenig später, im Herbst 2013, konnten wir unseren Anbau, das Café Metropol, inklusive einer zweiten Spielstätte, eröffnen, dessen Finanzierung zu einem Großteil viele großzügige Menschen, das treue Publikum, der Freundeskreis Metropoltheater e.V., mehrere Firmen und Sponsoren möglich gemacht haben.

“Psychose”, Premiere 2021 (Credits: Jean-Marc Turmes)

Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?

Grundsätzlich stehen wir hinter den Maßnahmen, auch denen, die uns hart treffen – momentan müssen das Virus und seine Ausbreitung bekämpft werden. Wenn man allerdings liest, dass Theater und Bordelle unter dem Stichwort “Freizeitgestaltung” in einem Atemzug genannt werden, dann bleibt einem doch ein bisschen die Luft weg. Abgesehen davon war die “Salamitaktik” bezüglich der Schließung bzw. Öffnung von Kulturstätten der Killer. Ein Kulturbetrieb kann nicht im Zwei-Wochen-Rhythmus rauf- und runterfahren – der gesamte Betrieb musste sich also bereithalten, es wurde vorgeplant und rückabgewickelt in allen Abteilungen, Spiel- und Dienstpläne wurden erstellt und wieder abgesagt, Projekte wurden konzipiert, abgeändert, angepasst und doch abgesagt, usw. Die Theater offiziell für drei oder vier Monate zu schließen und den Kulturschaffenden damit Planungssicherheit zu geben, wäre für alle besser und auch billiger gewesen.
Ein weiteres Problem ist die immer noch unzulängliche Situation der freien Künstler*innen, die bisher immer wieder durchs Raster gefallen sind. Denn der Großteil erzielt sein Einkommen aus unterschiedlichen Einkommensarten: Löhne, Honorare und unternehmerische Gewinnanteile aus umsatzsteuerbefreiten Künstler-GbRs, die wiederum Voraussetzung für die Aufnahme in die Künstlersozialkasse sind. Hierfür greift keines der existierenden Konzepte. Wir haben von Anfang gesagt, wir bezahlen unsere Künstler auf freiwilliger Basis für zugesagte und dann coronabedingt abgesagte Vorstellungen, und zwar nach den Kurzarbeit-Regeln. Wären unsere Künstler*innen allein auf die staatlichen Hilfe angewiesen, wäre das eine Katastrophe für sie gewesen. Wir unterstützen unsere Künstler*innen, wo es geht, aber das bedeutet eben auch, dass wir an unsere Rücklagen gehen müssen. Hier muss noch viel mehr und vor allem unkompliziertere Hilfe vom Staat kommen.
Zum guten Schluss ein Wort zu der immer wieder diskutierten Frage der “Systemrelevanz” von Kultur: Wir sehen, was momentan in unserer Gesellschaft passiert. Es geht im Moment nicht darum, ob man mal für eine Weile aufgrund einer Pandemie keine Kulturveranstaltungen besuchen kann. Es geht darum zu erkennen, dass es die größte Gefahr unserer Zeit ist, die identitätsstiftenden gesellschaftlichen Narrationen den rückwärtsgewandten Kräften zu überlassen. Denen, die glauben, im Müll der Geschichte Antworten auf die Herausforderungen dieser Zeit zu finden. In einer Zeit, in der das World Wide Web zu einem einzigen Echoraum mutiert ist, in dem nur die eigene Stimme widerhallt und verstärkt wird. Dem nichts entgegensetzen zu können, greift das Selbstverständnis des Großteils der Kulturschaffenden an. Das Theater ist der Raum, wo man ein wenig Ordnung in das Chaos bringen kann, das wir Leben nennen. Wo wir von der Widersprüchlichkeit, der Fehlbarkeit, der inneren Zerrissenheit und ja, auch der Endlichkeit des Menschen erzählen können. Dieser Raum fehlt jetzt, und deshalb ist das Gleichgewicht der verschiedensten Kräfte da draußen empfindlich gestört. Vielleicht ist Theater also nicht systemrelevant, es ist aber in jedem Fall demokratierelevant – darüber kann und muss gesprochen werden.

Wie kann man euch und eure Arbeit aktuell unterstützen?

Wir verzichten auf das Streamen von Theaterproduktionen, da wir der Meinung sind, es muss nicht immer ein (zumeist ja letztendlich unzulängliches) Substitut für alles gefunden werden. Abgesehen davon wäre ein hochqualitativer Mitschnitt eines Theaterabends, mit mehreren Kameras, Schnitt und Gegenschnitt, eben einer Extra-Bildregie, etwas, was für uns quasi nicht bezahlbar ist. Dafür haben wir letztes Jahr die Video-Reihe UTOPIA online gestellt, in der unsere Ensemblemitglieder während des ersten Lockdowns in Heimarbeit Clips verschiedenster Inhalte gedreht haben, in denen sie ihre Gedanken zur Zeit während und nach Corona verarbeitet haben. Diese Video-Reihe ist ungeheuer vielfältig und schillernd und kann auf unserem Youtube-Kanal angesehen werden.
Im April planen wir dann doch unseren ersten Livestream – allerdings nicht Theater, sondern Musik. Unser Ensemblemitglied James Newton hat seine erste Platte aufgenommen, im Gespräch mit Metropol-Leiter Jochen Schölch wird er über die Enstehungsgeschichte hinter diesem Album sprechen und die beiden werden natürlich auch in die Platte reinhören.
Unterstützung erfahren wir Gott sei Dank seit letztem Jahr von unserem Publikum auf unfassbar großartige und nicht versiegende Art und Weise – es wurde auf die Rückerstattung gekaufter Eintrittskarten verzichtet, viele Theaterfans sind unserem Freundeskreis beigetreten, haben dem Freundeskreis Geld gespendet, manche sogar mehrfach. Wir sind wirklich extrem dankbar für diese treue und großzügige Unterstützung, ohne die wir kaum durch diese Zeit gekommen wären. Natürlich ist und bleibt es trotzdem schwer, zumal wir ja weiterhin noch nicht spielen können. Wer uns also unterstützen möchte, findet auf unserer Homepage alle Infos zu einer Freundeskreis-Mitgliedschaft und/oder kann direkt online einmalig spenden. Das Allerwichtigste aber ist, dass unser Publikum wieder zu unseren Aufführungen kommt, sobald die Umstände einen Spielbetrieb wieder erlauben.

Stellungnahme des vfdkb zu den geplanten Öffnungen ab dem 22. März

Der Bayerische Ministerrat hat beschlossen, dass ab dem 22. März 2021 Theater wieder öffnen können, wenn die 7-Tage-Inzidenz seit mindestens 14 Tagen den Wert von 100 nicht überschritten hat und die Entwicklung des Infektionsgeschehens stabil oder rückläufig ist.

Prinzipiell begrüßen wir es, dass mit den weiteren Öffnungsschritten mehr Eigenverantwortung an die Kunst- und Kulturschaffenden zurückgegeben wird.
Bei unseren Mitgliedern und den Zuschauer*innen hat die neue Regelung allerdings für Unsicherheit gesorgt: Der Verwaltungsaufwand erhöht sich und es ist unklar, wann Verträge zwischen Institutionen und Künstler*innen Bestand haben.

Die Hygienekonzepte unserer Mitglieder werden sicherstellen, dass sich das Publikum wieder willkommen fühlen darf. Jedoch hoffen wir auf langfristige Perspektiven und eine verbesserte Planungssicherheit.

#freieszene: Theater Mummpitz Nürnberg

Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Das Theater Mummpitz in Nürnberg.

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil beschreiben?

Theater Mummpitz bringt generationenübergreifende Geschichten zum Staunen, Lachen und Nachdenken für Kinder zwischen 4 und 12 Jahren und ihre erwachsenen Begleiter*innen, aber auch für unbegleitete Erwachsene auf die Bühne. Ein schwereloses Mädchen, ein dichtender Großvater, Königinnen und Ritter und viele andere Figuren mehr entführen die Zuschauer*innen mit mal poetischen, mal komischen und immer musikalischen Geschichten von kleinen Ängsten und großen Taten in die wunderbare Welt der Fantasie.

Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Das Mummpitz gibt es seit 1980. Seitdem machen wir kontinuierlich Theater für alle ab 4 Jahren mit wechselnden Themen, in wechselnden Besetzungen, mit konstantem Engagement und sich stetig entwickelnder Ästhetik. Wir spielen lokal, regional, national und auch in Europa. Unser Theater steht in Nürnberg, trotzdem fahren wir gerne zu Gastspielen. Wir machen aber nicht nur Theater, sondern vermitteln auch Theater durch Workshops, Schauspielkurse und Fortbildungen.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?

Seit 2000 das Europäisch-Bayerische Kindertheaterfestival panoptikum und seit 2009 der Nürnberger Kulturrucksack. Und in der alltäglichen Theaterarbeit ist Musik immer dabei.

Theater Mummpitz: Der DreiGroschenOpa

Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?

Kinder konnten im Oktober 2020 ein paar Wochen lang Theater erleben und wir haben gesehen: sie brauchen die Begegnung mit Kunst dringender denn je. Denn Kunst gibt Raum für Humor, für Utopie, für Fragen und Erlebnisse. Kulturangebote für Kinder und Jugendliche stärken und unterstützen junge Menschen und damit auch Familien und Bildungsinstitutionen, die sich in einem Dauerzustand der Überforderung und Verunsicherung befinden.
Deshalb müssen die Interessen und die Rechte von Kindern und Jugendlichen in den aktuellen Debatten eine zentrale Rolle spielen!

Wie kann man euch und eure Arbeit aktuell unterstützen?

Aktuell bieten wir virtuelle Formate an: Jazz für Kinder online auf Youtube (pro Monat gibt es eine Premiere) und unsere Reihe Radio Mummpitz auf Soundcloud.

#freieszene: Sensemble Theater Augsburg

Corona stellt gerade die freie Kulturszene vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Doch wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer neuen Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Den Auftakt macht das Sensemble Theater in Augsburg.

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil beschreiben?

Unsere Schwerpunkte liegen im Bereich zeitgenössisches Theater und Gegenwartsdramatik. Wir reagieren zeitnah auf gesellschaftliche Entwicklungen und setzen diese in Szene – so wurden schon über 50 Uraufführungen realisiert. Uraufführungen wie “Hamlet for You” oder “Marathon” werden national und international nachgespielt. Zahlreiche Stücke und Stückaufträge beziehen sich aber auch direkt auf die Augsburger Geschichte.
Für zusätzliche Projekte wie die “Augsburger Gespräche zu Literatur und Engagement” kooperieren wir z.B. mit der Uni Augsburg und dem Friedensbüro der Stadt – und engagieren uns für eine Weiterentwicklung der Kulturszene der Stadt Augsburg.
Als Mitglieder im bundesweiten flausen+-Netzwerk und Veranstalter internationaler Festivals (Internationales Gavran-Fest, Internationales Improtheater-Festival) sind wir einerseits fest regional verwurzelt, andererseits auch überregional sehr aktiv.

Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Aus einer Studententheatergruppe heraus gegründet, professionalisierte sich das Sensemble um Theaterleiter Sebastian Seidel schnell. Seit 2000 betreibt das Sensemble Theater eine eigene Spielstätte für zeitgenössisches Theater in der Kulturfabrik.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz besonderen Raum einnimmt?

Kein einzelnes Projekt, sondern eher eine Haltung: Wir sind ein Theater, das nach wie vor auf das geschriebene Wort setzt. Ein literarisch lebendiges Theater. Da sind zum Beispiel die Uraufführungen aus unserer “Werkstatt für neue Dramatik”: Stücke, die in Augsburg geboren werden und überregional und international nachgespielt werden.
Teil unserer Tätigkeit sind auch Stückentwicklungen, Projekte wie die “Quickies”-Theaternächte mit kleinen Uraufführungen sowie deutschsprachige Erstaufführungen wie die Stücke von Miro Gavran.

Die gegenwärtige Situation stellt Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen. Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben?

Wir befinden uns im „Katastrophenfall“ – die Vorgänge in der Verwaltung wirken aber wie im „Normalfall“ hängengeblieben. Die Künstler*innen und die Kunst wurden zu lange als nicht „systemrelevant“ eingestuft, in Verlautbarungen nicht erwähnt und in Regelungen nicht bedacht. Wenn es nicht endgültig still werden soll im Bereich Kunst und Kultur, darf das nicht wieder geschehen. Wir persönlich setzen uns für ein Bürger*innengeld ein, das die Situation entschärfen könnte.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in die Zukunft zu blicken und sich zu überlegen, wie wir in dieser Zukunft leben wollen. Ein Zurück zum Davor darf es nicht geben.

Wie kann man euch und eure Arbeit aktuell unterstützen?

Eine Möglichkeit der Unterstützung sind natürlich direkte Spenden bzw. der Kauf von Gutscheinen für die Zeit „danach“.
Auf unserer Website www.sensemble.de versuchen wir mit kurzen digitalen Angeboten, den Kontakt zu unseren Zuschauer*innen zu halten. Grundsätzlich lebt Theater, wie wir es machen, vom Live-Erlebnis mit Zuschauer*innen und vom Gespräch nach der Vorstellung an unserer Theater-Bar. Um den so wichtigen Kontakt zu unseren Gästen zu halten, stellen wir aber immer wieder kurze Ausschnitte aus Aufführungen online und planen, eine Lesereihe zu streamen.