Voneinander lernen statt resignieren – Der vfdkb in Tschechien

Eindrücke vom Besuch der bayerischen Delegation des Verbands Freie Darstellende Künste Bayern e.V. in Pilsen und Prag im Juni 2023

Im Rahmen der Bavarian-Čzech-Platform for the Independent Performing Arts besuchte eine Delegation des vfdkb vom 05. bis 09. Juni 2023 Pilsen und Prag. Unsere Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen lernten dabei verschiedene Spielorte der freien Szene Tschechiens kennen, knüpften neue Kontakte und durften innovative Produktionen bayerischer Künstler:innen auf tschechischen Bühnen erleben.

Zwei unserer Delegierten, Felix Forsbach und Paulina Platzer, berichten von ihren Erlebnissen in Tschechien:

Felix Forsbach, Freier Schauspieler (Bamberg)

In der knappen Woche unseres Besuchs in den Städten Plzen und Praha waren wir Gäste einer internationalen Konferenz der freien darstellenden Künste, verantwortet durch den tschechischen Verband „And. Čr“ und „EAIPA“ (European Association of the Independent Performing Arts). Dabei hatten wir erneut Gelegenheit, sowohl bayerische als auch tschechische Produktionen der freien Szene zu besuchen. Die Eindrücke lassen sich insgesamt unter dem mit einem enormen Potenzial versehenen “voneinander Lernen” subsumieren.

Wir können von der umfassenden Gastfreundschaft der tschechischen Gastgeber:innen lernen. Wir wurden sowohl bei der Konferenz als auch im Besonderen in den Theatern so herzlich und offen empfangen. Ich hoffe, dass wir diese Gastfreundschaft, welche sowohl die Unterbringung als auch die Führungen durch Spielorte und Städte umfasste, erwidern, wenn die tschechische Delegation im November Bayern besuchen wird. Die Offenheit der Ansprechpartner:innen und das Interesse an einem Austausch der Nachbarländer Bayern und Tschechien war bei allen Begegnungen sehr präsent. Es werden beispielsweise Sorgen bzgl. der Sprachbarrieren dadurch nivelliert, dass zahlreiche von mir besuchte Produktionen mit Untertiteln oder durch die Klarheit der Körpersprachen unbegründet sind. Wir verstehen uns auch ohne die gleiche Sprache. Es würde mich freuen, wenn wir auch in Bayern Produktionen als Gastspiele einladen können, die uns den Klang der Sprache unseres Nachbarn näher bringen.

Als große Inspiration ist für mich außerdem zu erwähnen, dass wir z.B. durch den geplanten “Staff Exchange” von dem produzierenden Willen in tschechischen Spielstätten lernen können. Dies umfasst alle besuchten Spielorte. Beispielsweise im “Depo2015” war trotz der Größe und Professionalität die Improvisation bei der Ermöglichung von Produktionen sehr beeindruckend. Ebenso das “Studio Alta”, welches ein außerordentlich progressives Programm in einem temporär nutzbar gemachten Leerstand kuratiert. Dieser Spielort war für mich das beste Beispiel für ein bayerisches Lernen. Es benötigt für die Präsentation von international relevanten und hochkarätigen Produktionen der freien Szene kein “perfekt” saniertes Haus, sondern es kommt auf den Willen und die inhaltliche Kuration an nicht auf die Rahmenbedingungen. Dies wünsche ich mir seit Jahren für Bayern: Mehr kurzfristige Bespielung von Leerständen, ein Ausprobieren und ein Scheitern. Wenn künstlerische Programme in einem Theater, welches kaum saniert ist, scheitern, ist es ein großer Unterschied zum jahrelangen Erkämpfen von Spielorten und teuren Sanierungen, in denen Programme dann ebenso scheitern können. Da muss Bayern lernen und zwar am Modell Tschechien. Ebenso ist die Einbeziehung der Theater in der Fläche in Tschechien ein Erfolgsmodell, von welchem Bayern viel lernen kann. Dies hat mit der sehr guten Vernetzung der tschechischen Künstler:innen und Häuser zu tun.

Credits: Michaela Seifert

Der Besuch der Konferenz EIAPA lässt ein ambivalentes Gefühl bei mir zurück. Viele Themen und Probleme in den freien darstellenden Künsten sind in verschiedenen europäischen Ländern ähnlich und zum Teil noch prekärer und existenzieller als in Deutschland. Im Bezug auf die Bavarian-Čzech-Platform for the Independent Performing Arts sind für mich vor allem drei Vorträge der Konferenz bemerkenswert: Sowohl Stefan Prohov aus Bulgarien, als auch Diana Palm des Bundesverbands freie darstellende Künste e.V. beschäftigten sich mit der Herausforderung der nachhaltigen Produktion von Theaterproduktionen in den freien darstellenden Künsten. Dies zu berücksichtigen ist aufgrund der guten Bahnverbindungen und der geringen Distanzen zwischen Bayern und Tschechien für den grenzüberwindenden Austausch naheliegend. Statt weiterer europäischer Touren, die in jedem Fall wichtig für den Austausch sind, hat ein intensiverer Austausch von Theaterproduktionen zwischen Bayern und Tschechien ein sehr großes Potenzial. Es können mit geringen ökologischen Schäden Gastspiele in Bayern und Tschechien ausgetauscht werden und so die Beziehungen der Nachbarländer intensiviert werden. Einen Zusammenhang zwischen Förderstrukturen, Nachhaltigkeit und den Konsequenzen aus der Covid-19 Pandemie stellte der Münchner Wissenschaftler Thomas Fabian Eder dar. Aus seinem Vortrag heraus wird sehr deutlich, dass ein Lernen aus der Covid-19 Pandemie sehr schnell wieder verpuffte. Es müssten im Sinne der Nachhaltigkeit und auch im Sinne der besseren Arbeitsbedingungen die förderbedingten Produktionszwänge verringert und längerfristige Residenzprogramme (die in Tschechien bereits viel breiter vertreten sind als in Bayern) geschaffen werden. Ein Lernen aus den sehr guten Neustart Kultur- Programmen ist aus meiner Sicht essentiell für eine inhaltliche und organisatorische Weiterentwicklung der freien darstellenden Künste.

Neben den bereits erwähnten Erkenntnissen aus dem Besuch in Tschechien bleiben noch zwei weitere Punkte bei mir hängen: (1) Das transgenerationale Lernen zwischen Teilnehmer:innen, die bereits Ü70 sind und auf der anderen Seite Teilnehmer:innen, die Anfang 20 sind. Dieses voneinander Lernen bietet große Chancen für alle Künstler:innen. Neben dieser für mich sehr besonderen Erkenntnis bleibt außerdem (2) die Aussage des Leiters des Archa Theaters in Praha hängen. Die bayerischen Delegierten waren erschrocken und erschüttert, als er berichtete, dass das Archa Theater Ende des Jahres seine Pforten schließt und etwas Neues, eher ein Soziokulturzentrum, dort entstehen wird. Seine positive Haltung gegenüber der Veränderung und eine sichtbare Resilienz bei Veränderungen ist ein Vorbild für mich und sicher eine allgemeine Herausforderung der kommenden Jahre in den freien darstellenden Künsten.

Mein Fazit des Besuchs ist: Wir sollten offen sein für Neues, für Neues aus Tschechien und nicht in den bayerischen bzw. freien Theaterstrukturen, Förderungen, Spielplänen verharren und resignieren. Dann kann es nur gelingen – in Bayern, in Tschechien und in der Zusammenarbeit von tschechischen und bayerischen Künstler:innen.

Paulina Platzer, Vorsitzende des vfdkb (München)

Nach einem ersten Besuch der bayerischen Delegation in Prag im Rahmen des Malá Inventura Festivals im Februar und einem Gegenbesuch der tschechischen Delegation in Bayern freuten wir uns über den erneuten Austausch in Pilsen und Prag. Die gesamte Reise stand unter dem Motto der Vernetzung. So nutzten die Kunstschaffenden aus München, Erlangen, Nürnberg, Bamberg und Regensburg bereits die Zugfahrt nach Pilsen, um sich im ersten Schritt innerhalb der bayerischen Delegation zu vernetzen, bevor im nächsten Schritt die Begegnung mit den tschechischen Kunstschaffenden auf dem Programm stand.

Wenn Installationen die Innenhöfe schmücken, Kultur unter Lichterketten stattfindet und die Theaterräume mit eigenen Bars und Cafés immer gleichzeitig Orte der Nachbarschaft und Begegnung sind, ist man in Tschechien angekommen. Davon konnte sich die bayerische Delegation bereits bei ihrer ersten Spielort-Besichtigung im Depo2015 in Pilsen überzeugen. Die ehemalige Zuckerfabrik, die später als Lagerhalle für Busse diente, wurde zum Kulturareal umfunktioniert, als Pilsen 2015 den Titel „Kulturhauptstadt“ erhielt. Ein weitläufiger Innenhof mit gemütlichen Sitzgelegenheiten zwischen mit Bäumen bepflanzten Autos lud zum Verweilen ein. Das Innenleben des Kulturareals zeichnete sich durch Multifunktionalität und Wandelbarkeit aus. Neben unterschiedlichen Ausstellungsräumen fanden sich Werkstätten, Ateliers, kleine Läden mit nachhaltigen Konzepten, eine Bar sowie eine große Halle, die für Konzerte, Events und Performance vermietet wird.

Nach einer kurzen Stärkung im hauseigenen Café führte Petr Dlouhy die bayerische Delegation in die Moving Station. Die ehemalige Wartehalle wurde zum Theater umgebaut, nachdem die Ruine 2000 mit großem Erfolg im Rahmen eines tschechischen Theaterfestivals bespielt worden war. Neben einer Bühne sowie Proben- und Workshopräumen beherbergt die Moving Station auch ein eigenes Appartement für Gastkünstler:innen und Residencies. Nach einer Führung durch das Theater besuchte die Delegation die tschechische Zirkus-Performance „Meringue and Pickles“. In einem gemütlichen Setting mit Pizza und Getränken aus der Theaterbar folgte ein Nachgespräch mit den Performerinnen und dem künstlerischen Leiter der Moving Station sowie ein kurzer Film über die aufwändige Renovierung des Gebäudes.

Am nächsten Morgen setzte die Delegation ihre Reise von Pilsen nach Prag fort. Der erste Programmpunkt des Tages war der Besuch des zukünftigen Kulturzentrums Velky Mlyn. Das Erdgeschoss der ehemaligen Mühle soll in naher Zukunft als Bibliothek dienen, im Keller befindet sich ein Aufführungsraum für Performances und Konzerte. Die bayerische Delegation wurde sehr herzlich mit einem reichhaltigen Buffet und Welcome-Drinks zu einem ersten großen Vernetzungstreffen empfangen. Unter die Delegation mischten sich in ungezwungener Atmosphäre internationale Kunstschaffende, Redner:innen sowie Besucher:innen der „And. Čr & EAIPA Konferenz“. Zum Abschluss des zweiten Tages besuchte die Delegation die Performances „Visual Vibrations“ von Kassandra Wedel und Rosalie Wanka sowie „Headless Mule“ von Martin Talaga im Studio Alta, einer ehemaligen Brauerei, die erst wenige Wochen zuvor eröffnet worden war.

Der dritte Tag begann für die Delegation im Vzlet Theater. Das ehemalige Kino wurde nach Renovierungsarbeiten 2021 als Theater eröffnet und diente an diesem Tag als Austragungsort der „And. Čr & EAIPA Konferenz“. Internationale Redner:innen hielten Impulsvorträge und diskutierten in Podiumsdiskussionen. Thematisiert wurden Herausforderungen und Potenziale im europäischen Vergleich, Diversität und die BY-ČZ-Platform als Vernetzungsstrategie. Im Anschluss der Konferenz setzte die Delegation ihre Spielort-Tour durch Prag fort und besichtigte das Archa Theater. Ebenso wie am Vortag folgten zwei Performances. Die Delegation besuchte die tschechische Performance „8 Compositions“ und „Alien Reality“ von Daniela Aue als Gastspiel im Rahmen der tschechisch-bayerischen Plattform. Petr Dlouhy hatte vor der Vernetzungsreise Interessen und Wünsche der bayerischen Delegation abgefragt und bewies sich als Meister des Match-Makings. Entsprechend der individuellen Angaben wurden unabhängig vom gemeinsamen Programm der Delegation einzelne Vernetzungstreffen mit tschechischen Akteur:innen der freien Szene organisiert. Der Grundstein für zukünftige Kooperationen war gelegt.

Am nächsten Tag folgte der zweite Teil der „And. Čr & EAIPA Konferenz“ im Vzlet Theater. Besprochen wurden die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Arbeitsbedingungen und Ästhetik der freien darstellenden Künste, Nachhaltigkeit und gerechte Arbeitsbedingungen in Europa. Am Nachmittag teilte sich die Delegation auf, um unterschiedliche Performances zu besuchen. Auf dem Programm stand die zeitgenössische Zirkus-Performance „CM_30“ von Kolia Hunek im Theater Bravo als Gastspiel im Rahmen der bayerisch-tschechischen Plattform sowie die tschechische Kindertheaterproduktion „The Jungle Book“ im Theater Azyl78. Bevor sich die Wege der Gruppe am nächsten Tag (vorerst) wieder trennen sollten, traf sich die Delegation mit allen neu geknüpften internationalen Kontakten zu einer gemeinsamen Abschlussparty.

Um viele Eindrücke, Inspirationen und zukünftige Kooperationspartner:innen reicher trat die bayerische Delegation ihre Heimreise an. Nun bleibt mit Freude abzuwarten, welche spannenden Projekte zwischen den tschechischen und bayerischen Kunstschaffenden in Zukunft auf dem durch die BY-ČZ-Platform gelegten Grundstein aufgebaut werden.

Zum VIDEO zur Veranstaltung geht’s HIER.

Runder Tisch am 20.06.: “Und was kommt dann? – Über Nachhaltigkeit und Veränderungsprozesse”

Das Theater Wasserburg und wir laden euch im Rahmen der “Wasserburger Theatertage” zum Runden Tisch!

Über Nachhaltigkeit wird nun wirklich überall geredet. Wie sieht die Umsetzung aber in der Praxis aus, wenn es ganz konkret darum geht, einen Generationenwechsel zu vollziehen – so wie er geplant oder ungeplant an etlichen freien Häusern jetzt bzw. in den kommenden Jahren ansteht?

Nach einem Impuls aus der Praxis vom Theater Wasserburg möchten wir an diesem Runden Tisch mit euch darüber sprechen, wie sich bestehende Strukturen nachhaltig sichern lassen und zugleich in Punkto Nachhaltigkeit weiterentwickelt werden können.

📆 Zeit: 20.06.2023, 16-18 Uhr
📩 Anmeldung via Mail an info@vfdkb.de

Wir freuen uns euch und eure Freund:innen und Kolleg:innen aus dem Kulturbetrieb!

Workshop-Serie “ist=divers?”: Online-Konferenz am 24.05. und 25.05.

Die beiden Landesverbände laPROF Hessen und vfdkb fragen sich in der Workshop-Serie “ist=divers?”, wie sich die Diversität unserer Gesellschaft stärker in Projekten, Teams und Publikum der freien darstellenden Künste abbilden kann.

Aus den vier bislang abgehaltenen Workshops nehmen wir mit: Vieles muss sich ändern! Wir müssen Intersektionalität und Barrierefreiheit lernen, Klassismus und Ableismus verlernen.
Und das braucht Zeit – Probezeit.

Lasst uns am 24.05. und 25.05. im Rahmen unserer Online-Konferenz “Probezeit” gemeinsam diskutieren, wie es weitergehen kann!
Welche kleinen Werkzeuge gibt es, um Diskriminierungssensibilität in die Arbeitsweisen einzubinden? Für wen will ich wie Theater machen? Wie hilft mir das Bewusstsein um Barrieren und Unterdrückungen?

Mit Ming Poon, Kassandra Wedel , Josefine Findeisen, Sharon Jamila Hutchinson und Marque Pham (United Networks / angefragt)

📆 Zeit: 24.05. + 25.05., 16.30-20.00 Uhr
📩 Anmeldung via Mail an anmeldung@laprof.de

Förderpaket Freie Kunst 2023: Start der Antragstellungen

Der vfdkb hat von Seiten des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst im Haushaltsjahr 2023 wieder Gelder für die freien darstellenden Künste in Bayern bewilligt bekommen. 

Die Förderungen erfolgen im Rahmen von vier Programmen: Prozessförderung, Strukturförderung, Wiederaufnahmeförderung und Koproduktionsförderung.

Alle Infos zu den Inhalten, Deadlines und Regularien sowie zu unserer Ansprechpartnerin Bojena Todorow finden sich HIER.

Runder Tisch der Häuser am 16.05.

Ihr seid Leiter:innen oder Mitarbeiter:innen an einem freien Theaterhaus in Bayern?

Gemeinsam mit euch wollen wir im Rahmen eines virtuellen “Runden Tischs” eure spezifischen Belange besprechen, Fragen klären und Problemlagen verstehen.

📆 Zeit: 16.05.2023, 17 Uhr
📩 Anmeldung via Mail an katharina.stahl@vfdkb.de

Wir freuen uns auf euch!

Tschechische Delegation der “BY-ČZ-Platform for the Independent Performing Arts” besucht Bayern

von Anastasiya Shtemenko, Hans-Günter Brünker und Katharina Stahl

Initiiert durch den Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb) und den Verband Freier Theater Tschechiens (Asociace nezávislých divade l ČR, z.s.) entsteht derzeit die grenzüberschreitende Plattform “BY-ČZ-Platform for the Independent Performing Arts”, ein Künstler*innen-Netzwerk für freie darstellende Künste. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden im Juni 2023 Künstler*innen der freien Szene aus Bayern erstmals ihre Produktionen in Pilsen und Prag zeigen. Im November werden dann tschechische Künstler*innen nach Bayern kommen, um ihre Werke hier zu präsentieren. Ziel ist es, ein dauerhaftes Netzwerk aufzubauen, das einen regen kulturellen Austausch ermöglicht. Deswegen wird die Initiative unter anderem auch von der Bayerischen Staatskanzlei unterstützt.
Um die bayerische freie Szene besser kennenzulernen, besuchte zwischen dem 17. und 19. April 2023 eine tschechische Delegation, bestehend aus Petr Dlouhý und Kryštof Koláček, bayerische Spielstätten in München, Nürnberg und Bamberg und lernte die in den Regionen wirkenden Künstler*innen kennen.

17. April: Stadtrundgang und Get-together in München

Am 17.04. waren Petr Dlouhý und Kryštof Koláček aus Prag in München zu Gast, um Spielorte für zukünftige Projekte der “BY-ČZ-Platform for the Independent Performing Arts” zu besichtigen und bestehende sowie potenzielle Netzwerkpartner*innen zu treffen. Gemeinsam mit Münchener Kulturschaffenden konnten die beiden Delegierten insgesamt sechs Theater- und Kulturräume besichtigen und sich über die Zukunft der Plattform austauschen.

München, 10 Uhr, Theater HochX: Hier startete die Besichtigung der Münchner Spielorte für Petr Dlouhý und Kryštof Koláček. Begleitet wurden sie im Laufe des Tages von Axel Tangerding vom Koordinationsteam der “BY-ČZ-Platform”, vfdkb-Vorständin Paulina Platzer und drei Mitgliedern des Kollektivs Futur.X (Stefan Ammer, Victoria Schmidt und Anastasiya Shtemenko). Ute Gröbel (künstlerische Leitung) erzählte von der Geschichte und den Zielen des HochX sowie den Strukturen, durch die vor allem lokale Künstler*innen unterstützt werden sollen. Weiter ging es im Köşk, einem Zwischennutzungsprojekt, das in Zusammenarbeit mit der Färberei Kunst und Kultur für alle zugänglich machen will und vor allem junges Publikum dazu motivieren möchte, Kunst zu machen und zu erleben. Praktikantin Tuğba Wald zeigte der Gruppe den aktuellen Raum und erzählte von der Mission, junge Künstler*innen zu fördern, die sonst wenige Möglichkeiten haben, ihre Werke zu zeigen.

Das Team im Köşk; Credits: Victoria Jungblut

Nach zwei sehr unterschiedlichen, aber gleichermaßen inspirierenden Orten fuhr das Team zum Kreativquartier, um zunächst das schwere reiter zu besichtigen. Johanna Richter, die dort gerade an einem neuen Projekt arbeitet, zeigte freundlicherweise den Proben- und Bühnenraum und berichtete von ihren Arbeitserfahrungen in der 2021 neu bezogenen und technisch sehr gut ausgestatteten Spielstätte. Es folgte ein spontaner Besuch im MUCCA, das einen starken Gegensatz zum “schwere reiter” bildet. Der Raum mit hohen Decken bietet Platz für experimentelle Veranstaltungsformate und überzeugt durch seinen rauen Charakter. Anschließend besichtigte die tschechische Delegation das PATHOS, dessen Grundriss zugleich herausfordernd sowie inspirierend ist. Jan Geiger (künstlerische Leitung) berichtete von der langjährigen Geschichte der Spielstätte und den verschiedenen Projekten. Zuletzt besuchte die Gruppe das ZIRKA, dessen Team es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein Zentrum für Kultur und kreatives Arbeiten zu schaffen. Das Programm ist sehr vielfältig und zieht regelmäßig ein diverses Publikum an.

Nach sechs besichtigten Spielstätten stärkten sich alle Teilnehmer*innen im Café Flower bei einem Mittagessen und kehrten danach für ein Get-together im PATHOS ein, zu dem sich Interessent*innen anmelden konnten. Petr Dlouhý, Kryštof Koláček und Axel Tangerding erzählten von dem Ziel der Plattform, bayerische und tschechische Künstler*innen dabei zu unterstützen, sich zu vernetzen und die gegenseitigen Möglichkeiten (Spielstätten, Förderungen, Programme) zu nutzen. So konnten alle Teilnehmer*innen einen Eindruck von der Zukunft der Plattform gewinnen, Fragen stellen und sich über ihre Arbeit austauschen. Abschließend kann man sagen, dass die Vertreter*innen der “BY-ČZ-Platform” ihrem Ziel nähergekommen sind, die Plattform auszubauen und den Kontakt zwischen Bayern und Tschechien zu stärken. Alle beteiligten Künstler*innen freuen sich bereits auf die Reise der bayerischen Delegation nach Prag im Juni und den folgenden Besuch der tschechischen Seite im November.

18. April: Nürnberg stellt seine Spielstätten vor

Am nächsten Tag, den 18. April, ging es für Petr Dlouhý und Kryštof Koláček in Nürnberg weiter. Gemeinsam mit Julia Opitz vom Organisationsteam der “BY-ČZ-Platform” und Katharina Stahl vom vfdkb besuchten sie die Tanzzentrale in Fürth sowie die Nürnberger Spielstätten Theater Pfütze, Gostner Hoftheater, Theater Salz + Pfeffer, Theater Mummpitz und space between. Nach Führungen durch die entsprechenden Räumlichkeiten erfolgte an jeder Station dieses besonderen Stadtrundgangs ein intensiver Austausch mit den Leitungsteams der unterschiedlichen Häuser.

Dabei zeigte sich schnell, wie viel Potential die freien Nürnberger Spielstätten für eine Vertiefung des künstlerischen Austauschs zwischen den Partnerstädten Nürnberg und Prag bieten. Interessant für die tschechische Delegation waren nicht zuletzt die lebendige Kinder- und Jugendtheaterszene der Stadt sowie das in der Stadt sehr präsente – und für die tschechische Szene nach wie vor zentrale – Puppentheater. So fachsimpelten Dlouhý und Koláček etwa gemeinsam mit Wally Schmidt und Phant Petroff vom “Salz + Pfeffer” über die Kunst des Marionettenbauens und die Herausforderungen des Tourings als Puppenspieler*innen. Besonders beeindruckt zeigten sich die beiden Tschechen von den aktiven Bestrebungen der Nürnberger freien Szene hinsichtlich ihres Einsatzes für Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Teilhabe – etwa durch den lokalen Stammtisch Hoffnung+Zukunft zum nachhaltigen Produzieren oder den KulturRucksack für Kinder.

Die tschechischen und Nürnberger Künstler*innen freuen sich darauf, im Rahmen der “BY-ČZ-Platform” gemeinsame Projekte anzustoßen. Dabei ist sich Kryštof Koláček nach den Gesprächen mit den Nürnberger Kolleg*innen sicher, dass die Kooperation über einen rein künstlerischen Austausch hinausgehen wird: „Wir möchten langfristig einen umfassenden Transfer zu Know-How, Technik, Publikumsentwicklung und den Herausforderungen internationaler Zusammenarbeit leisten.“

19. April: Intensiver Austausch mit der lokalen Szene in Bamberg

Am Mittwoch, den 19. April, besichtigte Kryštof Koláček gemeinsam mit Mitgliedern des bayerischen Organisationsteams mögliche Spielstätten in Bamberg und Forchheim. In Bamberg wurden insbesondere das inklusive Kulturzentrum KUFA, das Atelier Franz KAfkA, das Jugendzentrum JuZ am Margaretendamm, das ETA-Hoffmann-Theater und die Johanniskapelle unter die Lupe genommen. In Forchheim wurde das Junge Theater Forchheim besichtigt. Organisiert wurde der Besuch vor Ort von Felix Forsbach von Franz KAfkA, unterstützt durch Hans-Günter Brünker von der Interessengemeinschaft Freie Darstellende Künste Bamberg.

Freie Szene trifft Stadttheater im ETA-Hoffmann-Theater; Credits: Hans-Günter Brünker

Kryštof Koláček zeigte sich beeindruckt von der Vielfalt der diversen Spielorte und der Motivation der lokalen Kulturschaffenden, einen vertieften künstlerischen Austausch zwischen den “Nachbarn” Tschechien und Oberfranken anzustoßen. Axel Tangerding vom Meta-Theater Moosach und die Dramaturgin Elsa Büsing, die beide dem bayerischen Teil des Organisationsteams der neuen Plattform angehören, freuten sich nicht zuletzt über die angestoßene Kooperation zwischen dem städtischen ETA-Hoffmann-Theater und der lokalen freien Szene. Dabei verwies Tangerding auf das besondere Potential der sehr umtriebigen Bamberger Szene: „Wir wissen natürlich, dass die freie Szene in Bamberg immer wieder damit zu kämpfen hat, dass die Unterstützung, insbesondere seitens der Stadt, ungewöhnlich knapp ausfällt. Umso beeindruckender ist es, wie vielfältig und aktiv die freie Szene in Bamberg ist. Deshalb kommen wir auch immer gerne hierher.“ Die Organisator*innen der “BY-ČZ-Platform” freuen sich entsprechend auf spannende, bilaterale Projekte in der Domstadt.

Auch die Vertreter*innen der Bamberger freien Szene werten den Austausch mit dem Organisationsteam der “BY-ČZ-Platform” als großen Erfolg. „Es hat Spaß gemacht, unseren Gästen zu zeigen, was hier in Bamberg geleistet wird“, resümierte Hans-Günter Brünker im Anschluss an die Veranstaltungen. „Und es ist schön zu sehen, dass das große Engagement der Bamberger freien Szene sogar über die Landesgrenze hinaus gewürdigt wird. Wir freuen uns darauf, dass wir im Herbst hier in Bamberg und Forchheim, neben den Metropolen München und Nürnberg, tschechische Künstler*innen präsentieren können. Deshalb einen großen Dank an alle, die sich in diesem Zusammenhang engagieren und diese neue, grenzüberschreitende Plattform mit Leben füllen.“ Bei einem gemütlichen Ausklang der Veranstaltung im Atelier Franz KAfkA wurden bereits vielfältige Kontakte geknüpft und Kontaktdaten ausgetauscht – die Grundlagen für fruchtbare Zusammenarbeiten sind also gelegt.


Czech delegation from the ‚BY-ČZ-Platform for the Independent Performing Arts‘ visits Bavaria

by Anastasiya Shtemenko, Hans-Günter Brünker and Katharina Stahl

The Verband Freie Darstellende Künste Bayern (vfdkb) and the Association of Independent Theaters in the Czech Republic (Asociace nezávislých divade l ČR, z.s.) are establishing the cross-border platform ‘BY-ČZ-Platform for the Independent Performing Arts’. As part of this collaboration, artists from the independent scene of Bavaria will show their productions in Pilsen and Prague for the first time in June 2023. In November, Czech artists will then come to Bavaria to present their works here. The aim is to build up a lasting network that enables lively cultural exchanges. That is why the initiative is also supported by the Bavarian State Chancellery, among others.

In order to get to know the Bavarian independent scene better, a Czech delegation, consisting of Petr Dlouhý and Kryštof Koláček, visited Bavarian venues in Munich, Nuremberg and Bamberg between April 17 and 19, 2023 and got to know the artists working in the regions.

April 17: City tour and get-together in Munich

On April 17 Petr Dlouhý and Kryštof Koláček from Prague were guests in Munich to visit venues for future projects of the ‘BY-ČZ-Platform for the Independent Performing Arts’ and to meet existing and potential network partners. Together with Munich cultural workers, the two delegates were able to visit a total of six theater and cultural spaces and exchange views on the future of the platform.

Get-together in the PATHOS theatre; Credits: Victoria Jungblut

Munich, 10 a.m., Theater HochX: This is where the tour of the Munich venues for Petr Dlouhý and Kryštof Koláček started. They were accompanied throughout the day by Axel Tangerding from the ‘BY-ČZ-Platform’ coordination team, vfdkb board member Paulina Platzer and three members of the Futur.X collective (Stefan Ammer, Victoria Schmidt and Anastasiya Shtemenko). Ute Gröbel (artistic director) talked about the history and goals of the HochX as well as the structures that are primarily intended to support local artists. The tour continued in the Köşk, a temporary use project that wants to make art and culture accessible to everyone and, above all, to motivate young people to produce and experience art. Intern Tuğba Wald showed the group the current space and talked about the mission to support young artists who otherwise have few opportunities to show their work.

After having visited these two very different but equally inspiring locations, the team drove to the creative district ‘Kreativquartier’ to first visit the schwere reiter. Johanna Richter, who is currently working on a new project there, kindly showed the rehearsal and stage room and reported on her work experiences in the new and technically very well equipped venue. This was followed by a spontaneous visit to the MUCCA. The room with high ceilings offers space for experimental event formats and impresses with its rough character. Then the Czech delegation visited the PATHOS whose layout is both challenging and inspiring. Jan Geiger (artistic director) reported on the long history of the venue and the various projects. Then, the group visited ZIRKA whose team has set itself the task of creating a center for culture and creative work. The program is very versatile and regularly attracts a diverse audience.

After having visited six venues, all participants had lunch at the Café Flower and then returned to PATHOS for a get-together, for which interested parties could register. Petr Dlouhý, Kryštof Koláček and Axel Tangerding talked about the platform’s goal of supporting Bavarian and Czech artists in networking and using mutual opportunities (venues, funding, programs). In this way, all participants were able to get an impression of the future of the platform, ask questions and exchange ideas about their work. In conclusion, one can say that the representatives of the ‘BY-ČZ-Platform’ have in fact come closer to their goal of expanding the platform and strengthening the contact between Bavaria and the Czech Republic. All participating artists are already looking forward to the Bavarian delegation’s trip to Prague in June and the subsequent visit of the Czech artists in November.

April 18: Nuremberg presents its venues

The next day, April 18, Petr Dlouhý and Kryštof Koláček continued their tour in Nuremberg. Together with Julia Opitz from the organisation team of the ‘BY-ČZ-Platform’ and Katharina Stahl from the vfdkb, they visited the Tanzzentrale in Fürth and the Nuremberg venues Theater Pfütze, Gostner Hoftheater, Theater Salz + Pfeffer, Theater Mummpitz and ‚space between‘. After tours through the corresponding premises, an intensive exchange with the management teams of the different houses took place at each station of this special city tour.

It quickly became apparent how much potential the free Nuremberg venues offer for intensifying artistic exchanges between the partner cities Nuremberg and Prague. Last but not least, the lively children’s and youth theater scene in the city and the puppet theater, which is very present in the city and still central to the Czech scene, were of special interest to the Czech delegation. For example, Dlouhý and Koláček discussed the art of making marionettes and the challenges of touring as puppeteers with Wally Schmidt and Phant Petroff from ‘Salz + Pfeffer’. The two Czechs were particularly impressed by the active efforts of the Nuremberg independent scene with regard to their commitment to sustainability and social participation – for example through the local group ‘Hoffnung+Zukunft’ for sustainable production or the ‘KulturRucksack’ for children.

The Czech and Nuremberg artists are looking forward to initiating joint projects as part of the ‘BY-ČZ-Platform’. After the discussions with the Nuremberg colleagues, Kryštof Koláček is certain that the cooperation will go beyond a purely artistic exchange: ‚In the long term, we want to provide a comprehensive transfer of know-how, technology, audience development and the challenges of international cooperation.‘

April 19: Intensive exchange with the local scene in Bamberg

On Wednesday, April 19, Kryštof Koláček visited possible venues in Bamberg and Forchheim together with members of the Bavarian organisation team. In Bamberg, the inclusive cultural center KUFA, the Atelier Franz KAfkA, the youth center JuZ on Margaretendamm, the ETA Hoffmann Theater and the Johanniskapelle were examined in particular. In Forchheim, the Junges Theater Forchheim was visited. The on-site visit was organised by Felix Forsbach from Franz KAfkA, supported by Hans-Günter Brünker from the interest group for independent performing arts in Bamberg.

Celebrating the new platform in ‘Atelier Franz KAfkA’; Credits: Hans-Günter Brünker

Kryštof Koláček was impressed by the diversity of the various venues and the motivation of the local cultural workers to initiate an in-depth artistic exchange between the neighbours Czech Republic and Upper Franconia. Axel Tangerding from the Meta-Theater in Moosach and the dramaturge Elsa Büsing, who both belong to the Bavarian part of the organisation team for the new platform, were also pleased by the cooperation initiated between the municipal ETA Hoffmann Theater and the local independent scene. Tangerding referred to the special potential of the very busy Bamberg scene: ‚Of course we know that the independent scene in Bamberg has to struggle again and again with the fact that support, especially from the city, is unusually scarce. It is all the more impressive how diverse and active the free scene in Bamberg is. That’s why we always like to come here.‘ The organisers of the ‘BY-ČZ-Platform’ are looking forward to exciting bilateral projects in the city.

The representatives of Bamberg’s independent scene also rate the exchange with the organisational team of the ‘BY-ČZ-Platform’ as a great success. ‚It was fun showing our guests what is being done here in Bamberg,‘ summarized Hans-Günter Brünker. ‚And it’s nice to see that the great commitment of Bamberg’s independent scene is being recognized even beyond the state borders. We look forward to being able to present Czech artists here in Bamberg and Forchheim next to the big cities Munich and Nuremberg. Therefore, a big thank you to everyone who is involved in this context and fills this new, cross-border platform with life.’ At a pleasant conclusion to the event in Atelier Franz KAfkA, a wide range of contacts were already made and contact details exchanged – no doubt the basis for fruitful cooperations.

Workshop-Serie “ist=divers?”: Neue Kurse am 09.05. und 10.05.

Unsere gemeinsam mit laProf Hessen initiierte digitale Workshop-Serie “ist=divers?” geht in die nächste Runde!


Der Workshop “Klassismus verlernen” am 09.05. gibt eine Einführung in die oft vergessene Diskriminierungsform des Klassismus. Wir sind dazu aufgerufen, die eigene Klassenposition und angelernte klassistische Denkmuster zu erkennen und zu hinterfragen. Dabei soll es auch darum gehen, wie sich Klassismus explizit im Kulturbereich zeigt.

Workshopleiter*in Francis Seeck ist Sozialwissenschaftler*in und Antidiskriminierungstrainer*in. Als Kind einer alleinerziehenden, erwerbslosen Mutter erlebte Seeck früh die Auswirkungen der Klassengesellschaft. Heute forscht und lehrt Seeck zu Klassismus und sozialer Gerechtigkeit.

Zeit: 09.05.2023, 15-18 Uhr
Anmeldung bis zum 05.05. via Mail an anmeldung@laprof.de.


Am nächsten Tag wird eine Folgeveranstaltung stattfinden, das Webinar “Ableismus verlernen” am 10.05.

Werden Menschen im Alltag auf ihre körperliche oder psychische Behinderung reduziert, spricht man in der Fachsprache von “Ableismus”. Genauer bedeutet Ableismus also, dass Menschen mit Behinderung von anderen Menschen ohne Behinderung auf die Merkmale reduziert werden, in denen sie sich vom vermeintlichen “Normalzustand” unterscheiden. Doch was ist das soziale Modell von Behinderung? Und was meint Ableismus konkret im Theater?

In einem partizipativen Webinar gibt Künstler*in und Kulturvermittler*in Steven Solbrig am 10.05. eine Einführung in das behinderungsorientierte und anti-ableistische Arbeiten in den darstellenden Künsten.

Zeit: 10.05.2023, 14-17 Uhr
Anmeldung bis zum 05.05. via Mail an anmeldung@laprof.de.


Eine Kooperation zwischen laPROF – Landesverband professionelle Freie Darstellende Künste Hessen e.V. und Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

Der vfdkb bei Malá Inventura: Unsere Eindrücke aus Prag

Im Rahmen der 2022 zwischen dem tschechischen und dem bayerischen Landesverband der freien darstellenden Künste gegründeten Kooperationsplattform “ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts” fand Ende Februar eine Exkursion der bayerischen Delegation nach Prag statt. Anlass war der Besuch des Freieszenefestivals “Malá Inventura”. Die Reise nach Tschechien hat bei unseren Künstler*innen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Unser Team in Prag: Paulina Platzer, Julia Opitz, Felix Forsbach, Daniela Aue, Friederike Engel (v.l.); Credits: Julia Opitz

Felix Forsbach, Künstler aus Bamberg: “Ernst zu nehmen, ohne sich zu ernst zu nehmen”

Der Besuch als bayerischer Delegierter des Festivals Malá Inventura in Prag wird in bleibender Erinnerung bleiben. Warum? Die Vielfalt der kuratierten v.a. tschechischen Produktionen war beeindruckend für mich. Bei fast allen gesehenen Produktionen hat es mir sehr gut gefallen, dass es tolles “Theater” war, welches sich trotz eines hohen Anspruchs nicht zu ernst nahm. In Deutschland vermisse ich manchmal den ironischen Umgang mit sich selbst als Künstler*in der freien darstellenden Künste. Diese Selbstironie war zu meiner großen Freude in vielen gezeigten Stücken zu sehen.
Meine Empfehlungen für die bayerisch-tschechische “ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts” sind, dass es sehr schön und gewinnbringend ist, mit tschechischen Künstler*innen, Kurator*innen und Produzent*innen einen Austausch zu beginnen. Dabei sollten wir in Bayern so mutig sein, Produktionen auch in den ländlichen Raum oder in Kleinstädte einzuladen – vgl. die tolle Initiative NOVÁ SÍŤ, die neben Prag auch im tschechischen ländlichen Raum aktiv ist.

Ich denke, dass es auch wichtig und spannend ist, die sprachliche Barriere beim Einladen von tschechischen Produktionen zu ignorieren und auch tschechisches Sprechtheater einzuladen. Denn es kann eine von mir wahrgenommene “Hierarchie” vielleicht etwas abzubauen helfen: In Prag gibt es ganz viele Menschen, die ein bisschen Deutsch sprechen und dies auch gerne machen. Wir in Bayern haben fast nie oder nie die Gelegenheit, einmal Tschechisch zu hören, obwohl die Landesgrenze sehr niedrig und so nah ist.

Paulina Platzer, Künstlerin aus München und vfdkb-Vorständin: “Die bayerische Delegation zu Besuch auf dem Malá Inventura-Festival in Prag”

Den Spielplan während unseres Besuchs dominierten gesellschaftskritische Produktionen über kritische Männlichkeit und Genderzuschreibungen. Überraschendes Highlight war die Kindertheaterinszenierung “Microworlds” von Jazmína Piktorová und Sabina Bočková, die das Publikum auf eine gemeinsame Schatzsuche einluden und auf magische Weise in ihren Bann zogen.

Das vielseitige Programm des Festivals wurde durch unterschiedliche Vernetzungsformate ergänzt. Eine Speeddatingrunde ermöglichte den direkten Kontakt zu den Künstler*innen, eine Walking-Tour führte zu insgesamt drei der über 200 Spielorte der freien Szene in Prag.
Die Tschech*innen bestachen durch ihre Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Buffet, Lunchpakete und Sektempfänge gehörten ebenso zum Programm wie die Kunst.

Durch unseren Austausch in Prag sind wir dem Ziel der Kooperationsplattform, zukünftig vielseitige Verbindungen zwischen Kulturschaffenden, Organisationen und Spielorten zu schaffen und gemeinsame künstlerische wie kulturpolitische Projekte zu unterstützen, definitiv ein ganzes Stück näher gekommen.

Friederike Engel, Leiterin der Tafelhalle Nürnberg: “Retro-Perspektive: Malà Inventura-Festival”

Rund 160 internationale Gäste, ein Speed-Dating mit 25 tschechischen Künstler*innen bzw. Kompanien, das reguläre Programm mit täglich sechs bis acht Vorstellungen an 16 verschiedenen Spielorten. Was sich sehr bescheiden “kleine Bestandsaufnahme” (Malà Inventura) nennt, ist eigentlich ziemlich groß(artig). Selten konnte ich bei einem Festivalbesuch in so kurzer Zeit ein so gutes Gefühl für die Szene vor Ort entwickeln und mich gleichzeitig aufgrund der zahlreichen gelungenen Netzwerkveranstaltungen so intensiv mit den anderen Festivalgästen auseinandersetzen. Vielleicht liegt es an der eher zentral ausgerichteten Kulturpolitik Tschechiens, die sich stark auf Prag fokussiert (bei manchen tschechischen Gästen aus anderen Regionen klang das an), dass eine solche Sichtbarkeitsplattform geschaffen werden kann. In Deutschland “fehlt” das oder zerfällt zu sehr in die Vielstimmigkeit der einzelnen Bundesländer und auch in ein oft zu restriktives Spartendenken. Insbesondere die Möglichkeit für die ansässigen Künstler*innen, sich den internationalen Gästen auch jenseits ihrer Vorstellungen präsentieren zu können, habe ich für eine potentielle Zusammenarbeit als sehr wertvoll erlebt.

Als Veranstalterin und Koproduzentin bekommt man auf diesem Weg ein Gefühl dafür, wie eine Kompanie wirklich tickt und erst das macht eine intensivere Kooperation, die idealerweise über das schlichte Booking eines Gastspiels hinausreicht, vorstellbar. Gleiches gilt für die Einblicke in die Arbeitsstrukturen einzelner Veranstaltungsorte, die wir in einer gelungenen Guided Tour kennenlernen durften. Und wenn überhaupt ein Wunsch übriggeblieben ist, dann vielleicht der, einen globaleren Überblick über das Theatersystem, die generellen Förderpolitik Tschechiens und eventuell die konkrete Festivalarbeit zu bekommen. Aber das wirklich nur als Anregung am Rande.

Mit ein paar Tagen Abstand kann ich sagen: Ich habe dank dreier Festivaltage bei Malà Inventura fast einen besseren Einblick in die Arbeit der Freie Szene Tschechiens/Prags bekommen als ich ihn in die der bayerischen Szene habe. Dieses Gefühl stimmt mich nachdenklich – ist aber großer Motor für die weitere Zusammenarbeit am bayerisch-tschechischen Projekt, für das wir uns vielleicht noch sichtbarer machen müssen – auch untereinander.

Veranstaltungen unserer “ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts” im April

Die tschechisch-bayerische Kooperationsplattform “ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts”, die 2022 ins Leben gerufen wurde, lädt im April in München, Nürnberg und Bamberg zum Austausch ein. Die Plattform soll einen neuen strukturierten und kontinuierlichen Austausch im Bereich der freien Theater-, Tanz- und Performancekunst zwischen Tschechien und Bayern initiieren und stärken.

Ziel der Kooperationsplattform ist es, zukünftig vielseitige Verbindungen zwischen Kulturschaffenden, Organisationen und Spielorten zwischen Tschechien und Bayern zu schaffen und gemeinsame künstlerische wie kulturpolitische Projekte zu initiieren und zu unterstützen. Das Projekt basiert auf einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Verband der Freien Theater Tschechiens (AND ČR) und dem vfdkb.

17.04.2023: Get-together in München

Am 17.04.2023 werden Petr Dlouhý und Kryštof Koláček aus Prag in München zu Gast sein, um Spielorte zu besichtigen und bestehende sowie potentielle Netzwerkpartner:innen zu treffen. Nach einer Besichtigung mehrerer Spielorte der freien Szene in München sind ein gemeinsames Mittagessen (13 Uhr, Import-Export) sowie ein Get-together im Anschluss (15 bis 17 Uhr, Pathos) geplant.

Alle Interessent:innen sind herzlich eingeladen!
Anmeldung bitte bis 15.04.2023 an paulina.platzer@vfdkb.de.
Den genauen zeitlichen Ablauf erhaltet ihr nach Anmeldung via E-Mail.

18.04. und 19.04.2023: Netzwerktreffen in Nürnberg und Bamberg

Am 18.04. wird die tschechische Delegation nach Nürnberg reisen, am 19.04. folgt ein Netzwerktreffen in Bamberg. Dabei wollen wir neue Kontakte zwischen der städtischen freien Szene und unseren tschechischen Kolleg*innen knüpfen und bestehende vertiefen, Spielorte kennenlernen und in die Zukunft unserer Kooperationsplattform denken.

Meldet euch mit euren Anmeldungen und Fragen zu den Netzwerktreffen in Nürnberg und Bamberg gerne bei Julia Opitz (julia.opitz@vfdkb.de).

Neue Workshop-Serie “ist=divers?” mit laProf Hessen

Die beiden Landesverbände laPROF Hessen und vfdkb möchten sich in der Workshop-Serie “ist=divers?” fragen, wie sich die Diversität unserer Gesellschaft stärker in unseren Projekten und in unserem Publikum abbilden kann. Um Diskriminierung und Barrieren zu minimieren, fragen wir uns, was wir dafür lernen und verlernen müssen und lassen uns gemeinsam von Expert*innen beraten. Dabei wollen wir diesbezügliche Veränderungen nicht als Belastung, sondern als Chance für eine Weiterentwicklung unserer Szene betrachten.

Credits: Johanne Schröder/ Florence Ruckstuhl (Daedalus Company), “Secret Feminist Agenda”

Intersektionalität lernen
27.03.2023, 16-18 Uhr
Anmeldung bis 24.03. unter anmeldung@laprof.de
Online ZOOM

Im ersten Workshop beschäftigen wir uns mit Intersektionalität, womit Strukturen der Mehrfachdiskriminierung gemeint sind: Viele Menschen sind gleichzeitig von unterschiedlichen Formen der Diskriminierung betroffen, so beispielsweise von Rassismus, Sexismus oder Klassismus. Intersektionalität gilt als kritische und politische Praxis für soziale Gerechtigkeit. Der Workshop soll in diese Perspektive einführen, sodass wir die Frage stellen können, wie wir diese politische Praxis für unsere künstlerische Arbeit und die Öffnung unserer Kulturinstitutionen fruchtbar machen können.

Bei der Anmeldung können Bedarfe genannt werden, auf die beim Workshop Rücksicht genommen werden soll.

Workshopleiterin Mirrianne Mahn ist politische Aktivistin, Theatermacherin, in der Stadtpolitik von Frankfurt am Main tätig und freiberufliche Referentin für Diversitätsentwicklung. Sie setzt sich in ihren Arbeitsbereichen gegen alle Formen der Diskriminierung und für mehr Diversität in allen Lebensbereichen ein.

Barrierefreie Kommunikation
29.03.2023, 15-17 Uhr
Anmeldung bis 27.03. unter anmeldung@laprof.de
Online ZOOM

Wie könnt ihr in der digitalen Kommunikation noch mehr Menschen erreichen und weniger Menschen ausschließen? In diesem Workshop von den Sozialheld*innen erfahrt ihr, wie ihr mit einfach Mitteln und praktischen Tools barrierefrei kommunizieren könnt – und ganz nebenbei Online-Kommunikation für alle angenehmer macht. Außerdem lernt ihr Hintergrundwissen zum Thema Behinderung und Inklusion kennen und geht mit ganz vielen praxisnahen Tipps und Tricks aus dem Workshop.

Bei der Anmeldung können Bedarfe genannt werden, auf die beim Workshop Rücksicht genommen werden soll.

Workshopleiterin Simone Katter hat im August 2021 die Leitung der Kommunikation bei den Sozialheld*innen übernommen. Seit über 10 Jahren hat sie Erfahrungen in der Online-Kommunikation, im Campaigning und der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gesammelt. Zuvor hat sie u.a. für Campact, das INKOTA-netzwerk und das Deutsche Institut für Menschenrechte gearbeitet. Sie hat Ausbildungen an der Freien Journalistenschule Berlin, beim Campaign Boostcamp und am Institut für Social Justice & Radical Diversity absolviert. In Bielefeld hat sie Soziologie mit dem Schwerpunkt Entwicklungspolitik und Sozialanthropologie studiert.


Eine Kooperation zwischen laPROF – Landesverband professionelle Freie Darstellende Künste Hessen e.V. und Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.