Paulina Platzer in den vfdkb-Vorstand gewählt

Im Rahmen unserer letzten Mitgliederversammlung Mitte Dezember wurde Paulina Platzer in den Vorstand des Verbands Freie Darstellende Künste Bayern (vfdkb) gewählt. In unserem Kurzinterview gibt sie Einblick in ihre Pläne für den Verband.

Paulina Platzer; (c) Christian Hartmann

Wie hat sich dein Werdegang im Bereich der darstellenden Künste bislang gestaltet?
Assistenzen während Schulzeit, Bachelorstudium der Theaterwissenschaft an der LMU, Master der Dramaturgie an der Theaterakademie August Everding. Seitdem freie Regisseurin & Dramaturgin, Mitbegründerin des Theaterkollektivs Futur.X. 2019, 2022 Debütförderung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München für Produktion K/PPEN.

Warum hast du dich dafür entschieden, als Vorstandsmitglied des vfdkb zu kandidieren?
Wenn man Verhältnisse verändern will, muss man sich einbringen

Welche inhaltlichen Schwerpunkte möchtest du in deiner neuen Tätigkeit setzen?
Austausch und Kooperation der Generationen, sharing the tools.

Wo siehst du aktuell und langfristig die zentralen Herausforderungen für die freie Szene?
Durchsetzung einer langfristigen, prozessorientierten Förderlandschaft für die freie Szene, Sichtbarkeit und Anerkennung.

Was möchtest du den Mitgliedern und Freund*innen des vfdkb zu Beginn deiner neuen Tätigkeit mit auf den Weg geben?
Vielen Dank für Euer Vertrauen, ich freue mich auf diese Herausforderung!

“Europa beginnt hier!” – vfdkb und AND ČR präsentieren “ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts”

Wir als Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb) und unsere Partner*innen vom tschechischen Landesverband der freien darstellenden Künste, Czech Association of Independent Theatres (AND ČR), durften uns am 29. November 2022 über großen Zuspruch zur Präsentation unserer Kooperationsplattform “ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts” freuen. Im Rahmen eines simultan in Prag und München stattfindenden, hybriden Pressegesprächs skizzierte das Konzeptionsteam – bestehend aus Petr Dlouhý, Kryštof Koláček, Julia Opitz und Axel Tangerding – die Programmatiken, Ziele und anstehenden Aktionen des bilateralen Projekts.

Kryštof Koláček begrüßt das aus München zugeschaltete Team; Copyright: vfdkb

“Europa beginnt hier!” Diese Erkenntnis war es, die die beiden Landesverbände zur Vertiefung ihrer Zusammenarbeit für die freien darstellenden Künste motivierte. Das Ergebnis, die Kooperationsplattform ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts, soll zukünftig vielseitige Verbindungen zwischen Kulturschaffenden, Organisationen und Spielorten schaffen und gemeinsame künstlerische wie kulturpolitische Projekte unterstützen.

“Unser Ziel ist es, Verbindungen zwischen Akteur*innen aus den Bereichen Tanz, Theater und Performance zu vertiefen”, erklärte die vfdkb-Vertreterin Julia Opitz im Konferenzraum der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Der via zoom aus Prag zugeschaltete Petr Dlouhý fügte hinzu: “Dabei möchten wir langfristige Kooperationen anstoßen und die vielseitigen Perspektiven der freien darstellenden Künste sichtbar machen.” Ein besonderes Anliegen sei dabei nicht zuletzt die Unterstützung von Projekten in urbanen wie ländlichen Regionen – und die Förderung des bilateralen Austauschs zwischen den beiden Sphären: “Es geht bei diesem Projekt nicht nur um Prag und München.”

Vielseitige Beratungs- und Vernetzungsangebote ab 2023

Die Kooperationsplattform soll dabei nicht nur den Mitgliedern der beiden Landesverbände offenstehen, wie das Koordinationsteam den anwesenden Kulturschaffenden und Journalist*innen erläuterte. Vielmehr sind interessierte Akteur*innen aus dem Bereich der freien darstellenden Künste unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft eingeladen, sich im Rahmen der Plattform einzubringen und gemeinsame Projekte anzustoßen. Nicht nur wegen der vielseitigen Beratungs- und Vernetzungsangebote dürfte sich eine Teilnahme für in Tschechien oder Bayern tätige Künstler*innen mehr als lohnen. So verwiesen Kryštof Koláček und Axel Tangerding auf einen ansprechenden wie vielseitigen Veranstaltungskalender: Neben gemeinsamen Exkursionen zu den tschechischen Festivals Malá Inventura (25.-26. Februar 2023) und Prague Quadrinale (22.-25. Juni 2023) werden über das Jahr 2023 verteilt zudem gegenseitige research visits etwa in Prag und Pilsen bzw. in Bamberg, Nürnberg und München stattfinden. Dabei sollen auch künstlerische showcases aus beiden Ländern präsentiert werden.

Unterstützt wird die Kooperationsplattform durch das Tschechische Kulturministerium (vertreten durch Zuzana Zahradníčková und Tereza Sieglová), das Tschechische Zentrum München (vertreten durch Blanka Návratová) sowie das Goethe-Institut Prag (vertreten durch Monika Loderová und Luisa Rath) und den Czech German Future Fund (vertreten durch Martin Hořák), deren Repräsentant:innen im Rahmen der hybriden Pressekonferenz die Bedeutung eines vertieften tschechisch-bayerischen Kulturaustauschs betonten. Auch die Vorsitzenden der beiden Landesverbände, Lenka Havlíková und Christina Ruf, freuten sich über das Fortschreiten des Projekts und das rege Interesse von Künstler*innen und Pressevertreter*innen – und sicherten interessierten Künstler*innen mit Blick auf die Realisierung bilateraler Projekte fundierte fachliche Unterstützung und Beratung zu.

Für Fragen und nähere Informationen stehen die beiden Landesverbände gerne zur Verfügung.
Zeitnah wird zudem eine Homepage in drei Sprachen (Tschechisch, Deutsch, Englisch) online gehen, die neben Informationen zur Kooperationsplattform Expert*innen-Wissen über die Spezifika der jeweiligen freien Szene sowie wichtige Termine bündelt.

Homepage: www.bavarianczechplatform.eu
E-Mail: info@bavarianczechplatform.eu


‚Europe starts here!‘ – vfdkb and AND ČR present their ‘ČZ-BY-Platform for the Independent Performing Arts’

We as the Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb) and our partners from the Czech Association of Independent Theaters (AND ČR) were delighted with the great interest regarding the presentation of our cooperation platform ČZ- BY-PLATFORM FOR THE INDEPENDENT PERFORMING ARTS on November 29th. During the hybrid press conference taking place simultaneously in Prague and Munich, the concept team – consisting of Petr Dlouhý, Kryštof Koláček, Julia Opitz and Axel Tangerding – outlined the programs, goals and upcoming actions of the bilateral project.

vfdkb und AND ČR are looking forward to an interesting schedule; Copyright: vfdkb

‚Europe starts here!‘ It was this realisation that motivated the two national associations to intensify their cooperation for the independent performing arts. The result, the cooperation platform ČZ-BY-PLATFORM FOR THE INDEPENDENT PERFORMING ARTS, is intended to create diverse connections between artists, organisations and venues in the future and to support joint artistic and cultural-political projects. ‚Our goal is to deepen connections between actors from the fields of dance, theater and performance,‘ explained vfdkb representative Julia Opitz in the conference room of the Bayerische Akademie der Schönen Künste in Munich. In Prague, Petr Dlouhý, connected via zoom, added: ‚We would like to initiate long-term cooperations and make the diverse perspectives of the independent performing arts visible.‘ A special concern is the support of projects in urban and rural regions: ‚This project is not just about Prague and Munich.‘

The cooperation platform is not only open to members of the two state associations, as the coordination team explained to the assembled artists, cultural workers and journalists. Rather, interested actors from the field of independent performing arts are invited, regardless of association membership, to get involved within the framework of the platform and initiate joint projects.

Participation for artists working in the Czech Republic or Bavaria should be more than worthwhile, not only because of the wide range of advice and networking offers. Kryštof Koláček and Axel Tangerding referred to an appealing and varied event calendar: In addition to joint excursions to the Czech festivals Malá Inventura (February 25-26, 2023) and Prague Quadrinale (June 22-25, 2023), there will be mutual research visits to places such as Prague and Pilsen, Bamberg, Nuremberg or Munich. Artistic showcases from both countries will also be presented.

The cooperation platform is supported by the Czech Ministry of Culture (represented by Zuzana Zahradníčková and Tereza Sieglová), the Czech Center in Munich (represented by Blanka Návratová), the Goethe Institute Prague (represented by Monika Loderová and Luisa Rath) und the Czech German Future Fund (represented by Martin Hořák). During the hybrid press conference, the representatives of these institutions emphasized the importance of an in-depth Czech-Bavarian cultural exchange. The chairwomen of the two state associations, Lenka Havlíková and Christina Ruf, were also pleased with the progress of the project and the keen interest of artists and representatives of the press. They reassured interested artists of their professional support regarding possible bilateral projects.

The two state associations are happy to answer any questions or provide further information.
A website in three languages (Czech, German, English) will soon go online, which, in addition to information regarding the cooperation platform, will bundle expert knowledge about the specifics of the respective independent scene and important dates.

Homepage: www.bavarianczechplatform.eu
E-Mail: info@bavarianczechplatform.eu

Bayern bekommt Ständige Konferenz für Kunst und Kultur

Wir freuen uns über die Gründung der Ständigen Konferenz für Kunst und Kultur in Bayern – SK³!

Mit ihrer Gründung implementiert die SK³ eine Interessenvertretung der Freien Kunst- und Kultur-Szene, die mit den zuständigen Ministerien, Parlamentarier:innen, Gremien des Bayerischen Städtetags und den Gebietskörperschaften in regelmäßigem Austausch steht und gemeinsam eine Kulturagenda erarbeitet.
Sie berät und entwirft gemeinsame kulturpolitische Stellungnahmen und Positionierungen und wirkt, wo möglich, an der Weiterentwicklung der Förderung von Kunst und Kultur in Bayern mit.

Weitere Informationen zur SK³ finden sich auf der Homepage der Konferenz.

“2122 – Wer werden wir gewesen sein?“ – Bericht zur Konferenz in Frankfurt

Seit 2022 kooperieren laPROF Hessen und vfdkb im Rahmen einer #takeheart-Netzwerk- und Strukturförderung des Fonds Darstellende Künste.
Ein wichtiger Meilenstein in der gemeinsamen kulturpolitischen Arbeit: Die Konferenz “2122 – Wer werden wir* gewesen sein?” am 22. und 23. November 2022 im Frankfurter
studioNaxos. Mitglieder und Vertreter*innen der beiden Landesverbände diskutierten gemeinsam mit kulturpolitischen Aktivist*innen und Akteur*innen aus der Wissenschaft, was in den nächsten Jahrzehnten geschehen muss, damit die süddeutsche freie Szene zur Hundertjahrfeier der Konferenz – also 2122 – mit Anerkennung auf die Veranstaltung zurückblickt…

Wer wollen wir gewesen sein?

Diese Frage trieb die anwesenden Kulturschaffenden während der zwei Tage im studioNaxos um. Im Rahmen von Impulsvorträge und Diskussionsrunden überlegten die hessischen und bayerischen Kulturschaffenden gemeinsam, was für eine nachhaltige und gerechtere Zukunft der freien darstellenden Künste geschehen muss und welches Rüstzeug hierfür gebraucht wird. Als Impuls in Sachen diversitätsorientiertes Arbeiten vermittelte Joanna Mechnich, Trainerin für rassismuskritische und intersektionale Bildungsarbeit, den anwesenden Künstler*innen zum Auftakt der Veranstaltung die Ideenwelt des Afrofuturismus – und ein Kunstschaffen jenseits einer unhinterfragt hegemonial-weißen Perspektive. Die “Initiative für Solidarität am Theater ” (ISaT) lud die Teilnehmer*innen indes zu Reflexionen über diskriminierungs- und enthierarchisierte Arbeitsstrukturen ein.

Jörg Thums und Lars Moritz diskutieren über die Stadt der Zukunft; Credits: Katharina Stahl

Volkswirtin und Historikerin Friederike Habermann skizzierte wiederum die Grundzüge einer “Ecommony“, also einer Commons-basierten Wirtschaft, die auf die gemeinsame Pflege und Organisation von Gemeingütern, Wissen bzw. ökologischen und technischen Ressourcen setzt statt auf eine Logik des bloß profitorientierten Wettbewerbs – Ideen, die auch mit Blick auf die Praktiken der Kulturpolitik und die Arbeitsweisen der freien Szene im Anschluss intensiv diskutiert wurden.

Habermanns Impulse schlugen eine Brücke zu den Vorschlägen des experimentellen Stadtforschers und Performancekünstlers Lars Moritz, der ein Bild der Stadt der Zukunft zeichnete, in der Kunst als selbstverständlicher Teil langfristiger Stadtentwicklung fungiert und in der polyzentrischen Stadt so zahlreiche wie diverse Orte kritischen Engagements anbietet. In der Diskussion mit Konferenz-Teilnehmer*innen kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, dass Zukunftsvisionen stets aufs Neue aktualisiert und, etwa mit Blick auf eine mögliche klassistische Struktur einer solchen Stadtgesellschaft, stets kritisch hinterfragt werden müssten. “Statt uns in Dystopien und Zynismus zu verlieren, müssen wir unsere hübschen Kunstwelten verlassen – und aufhören, uns auf ein Publikum zu fokussieren, das ohnehin schon unserer Meinung ist”, so Moritz‘ Fazit der Austauschrunden. Einblick in die künstlerische Transformation von Räumen bot Martin Schick mit seiner Präsentation der Schweizer “Unlearning Center”, in denen Projekte zum Um- und Entlernen umgesetzt und erlebt werden können. Praktisch umsetzen konnten die Konferenzteilnehmer*innen die Impulse ihrerseits im Rahmen einer raumverändernden Live-Performance “zum Mitmachen”, angeleitet von den 3 hasen oben.

Wer waren wir einst? Wer sind wir jetzt?

Dabei stand für die versammelten Kulturschaffenden fest: Ein Nachdenken über die Zukunft ist ohne eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht zielführend. Die Dringlichkeit aktiver Erinnerungsarbeit auch in den freien darstellenden Künsten demonstrierten Performance-Künstler*in Nix und Jule Kriesel von laProf Hessen, die im Rahmen einer performativen Führung Einblick in die Vergangenheit des heutigen Kreativzentrums Naxos gaben: Bis in die NS-Zeit Produktionsstätte des Schleifmaschinenbauers “NAXOS Union” und in Besitz der jüdischen Unternehmer*innenfamilie Pfungst, wurden Menschen aus ganz Europa nach der Enteignung der Pfungsts durch die Nazis in den Räumen des heutigen Kunstareals als Zwangsarbeiter*innen ausgebeutet.

Schauspielerin Anja Becker liest Texte des Organisationsteams; Credits: Katharina Stahl

Die Gegenwart des nur scheinbar Vergangenen fand auch in den visuellen und musikalischen Performances eindringliche Verhandlung: Während das Egozen Collective mit ihren KI-basierten Video-Installationen und die Soundkünstlerin Magda Drozd mit ihren klanglichen Landschaften das ghostly matter des Ortes sichtbar machten, brachte die Sängerin, Tänzerin und Wissenschaftlerin Amelia Uzategui Bonilla peruanische Lieder und Tänze, die den emanzipatorischen Kämpfen lateinamerikanischer Frauen bzw. der Mitglieder der queeren Community künstlerischen Ausdruck verleihen, zur Re-Inszenzierung. Komplementiert wurden diese performativen Reflexionen durch von den Schauspielerinnen Cornelia Niemann und Anja Becker vorgetragene Texte des Organisationsteams zum “Weißen Schweigen” der Mehrheitsgesellschaft, zu den emotionalen und mentalen Mechanismen in der “Theaterhöhle” oder dem Kunstschaffen für und von Maschinen.

Besonderes Begleitprogramm des Netzwerks “Performing for Future

Das bundesweite Netzwerk „Performing for Future“, das sich mit Fragen der Nachhaltigkeit in den darstellenden Künsten auseinandersetzt, wartete im Rahmen der Konferenz mit einem besonderen Begleitprogramm auf. Während einer “Traumreise” via ICE von München nach Frankfurt am Main und im Rahmen eines “Frühstücks for Future” diskutierten sie mit den Kulturschaffenden die nachhaltige Transformation der freien darstellenden Künste auf ökologischer wie auf sozialer und ökonomischer Ebene.

Den Bericht der Kultur- und Transformationsmanagerinnen Valeria Geritzen und Diana Palm könnt ihr HIER nachlesen.

Die Traumreisenden und ihre Workshopleiterinnen; Credits: Valeria Geritzen

Eine Kooperation zwischen laPROF – Landesverband professionelle Freie Darstellende Künste Hessen e.V. und Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

Wir trauern um Uwe Bertram

Tief betroffen vernehmen wir die Nachricht vom Tod Uwe Bertrams, der am 10. November viel zu früh verstorben ist. Uwe Bertram wirkte zwölf Jahre als Vorstand des vfdkb, hat dessen Struktur maßgeblich mitgeprägt und unermüdlich mit großen kulturpolitischen Engagement für die Belange der freien Theater gekämpft.

Uwe war Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter, ein Theatermensch mit Leib und Seele. An seinem Belacqua Theater rief er 2004 die Wasserburger Theatertage und damit eine Plattform ins Leben, auf der sich die bayerischen freien darstellenden Künste abseits der Metropolen präsentieren können.

Und er war kulturpolitischer Kämpfer, der Einfluss nahm, auch als Juror und im Deutschen Bühnenverein. Seine Hartnäckigkeit und Leidenschaft um mehr Anerkennung und Sichtbarkeit der Privattheater, Ensembles und Einzelkünstler*innen haben die freie Szene auf lange Sicht gestärkt. Er wird fehlen.

Foto: Uwe Bertram bei einer der Eröffnungen der Wasserburger Theatertage, Copyright: Christian Flamm

ČZ-BY-PLATFORM FOR THE INDEPENDENT PERFORMING ARTS

Einladung zum hybriden Pressegespräch am 29.11.2022, 11:00-12:00 Uhr
Bayerische Akademie der Schönen Künste, München

Liebe Freund*innen des vfdkb und der bayerischen freien Szene,

hiermit laden wir Sie und euch recht herzlich zu einem hybriden Pressegespräch am 29. November 2022 um 11 Uhr in die Bayerische Akademie der Schönen Künste ein. Die neugegründete bayerisch-tschechische Kooperationsplattform ČZ-BY-PLATFORM FOR THE INDEPENDENT PERFORMING ARTS wird vom bilateralen Konzeptionsteam – Petr Dlouhý, Kryštof Koláček, Julia Opitz und Axel Tangerding – simultan in München und in Prag vorgestellt. Digital verbunden über Zoom besteht die Möglichkeit zum Dialog zwischen den beiden Städten.

Bereits 2023 werden wir mit verschiedenen Austauschformaten starten, wie gegenseitige Showcases, also Präsentationen bayerischer Produktionen in Tschechien sowie tschechischer Produktionen in Bayern. Weiter ist geplant, dass stets eine Delegation des jeweiligen Landes zu internationalen Veranstaltungen mitreist. Gemeinsam wollen wir als tschechisch-bayerische freie Szene das tschechische Festival Malá Inventura am 25./26. Februar 2023 besuchen und vom 22.-25. Juni 2023 bayerische Produktionen im internationalen Rahmen der Prague Quadrinale zeigen.

Weitere Aktionen in München und in der Metropolregion Nürnberg sind für April 2023 und für September 2023 in Planung. Unser Anliegen ist es, Tanz-, Performance- und Theaterproduktionen eine internationale Bühne zu geben und über die ästhetischen Handschriften, Produktions- und Arbeitsweisen der freien darstellenden Künste in unseren beiden Ländern in einen Austausch zu kommen. Bereits im Mai 2022 trafen sich tschechische und bayerische Kulturschaffende in Nürnberg und München.

Der tschechische Landesverband der freien darstellenden Künste, Czech Association of Independent Theatres (AND ČR), vertreten durch Lenka Havlíková, und der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb), vertreten durch Daniela Aue, haben sich auf eine langfristige Kooperation verständigt. Ausführendes Organ ist das oben erwähnte bayerisch-tschechische Team, das bereits mit dem Aufbau der Plattform für künstlerischen Austausch und bilaterale Vernetzung begonnen hat.

Wir freuen uns auf Ihre und eure Teilnahme an unserem Pressegespräch, in dessen Rahmen das bilaterale Leitungsteam alle Fragen zum Kooperationsprojekt gerne vor Ort in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und online beantwortet.

#freieszene: Kulturbühne Spagat

Wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Die Kulturbühne Spagat in München.

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil
beschreiben?

Kulturelle Inspiration und kreative Teilhabe. Als Teil des sozio-kulturellen Angebots von HORIZONT e.V., Verein der Schauspielerin Jutta Speidel für obdachlose Mütter mit Kindern im Haus Domagkpark, sieht sich die Kulturbühne als Ort, der die Diversität des Hauses und des Viertels widerspiegelt und über die Kunst verbindet. Das Spagat bietet ein Programm aus Theater, Musik, Performance und Diskussion. Der inhaltliche Fokus unserer Theaterproduktionen liegt vorrangig auf gesellschaftsrelevanten, aktuellen und politischen Themen.

Wie hat sich eure künstlerische Laufbahn entwickelt? Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Spagat entstand 2018 im Münchner Norden. Die “rote Bühne” hat sich seitdem als Freie Bühne Münchens etabliert und nutzt den kleinen Raum immer wieder auf überraschende Weise: als Wohnzimmerbühne, als Aquarium mit den Zuschauer*innen draußen, als Freiluftbühne im Garten, auf dem Bauhausplatz oder am Bühnenfenster.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz
besonderen Raum einnimmt?

Ja, das sind die VIER Theaterpreise, die wir 2022 für unsere Theaterproduktion “Kitzeleien – Der Tanz der Wut” bekommen haben. Das Theaterstück über sexuelle Gewalt an Kindern von Andréa Bescond  greift teilweise auch die Lebensrealität der Bewohner*innen aus den HORIZONT-Häusern auf, wobei sich dieses schreckliche Problem durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Da sich die Hauptfigur während des Stückes selbst ermächtigt und ihre Wut mit lebensrettendem Humor zu ihrer Rettung umkehrt, ist es eine inspirierende Geschichte. Da das Stück authentisch und künstlerisch sehr anspruchsvoll ist, hoffen wir, ein breiteres Publikum anzusprechen und so auch etwas zum Tabubruch dieses Themas beizutragen.

  • Privattheatertage Hamburg 22: Monica Bleibtreu-Preis, Kategorie Publikum
  • Bayerische Theatertage 22, Bamberg: Publikumspreis
  • Theatertage Wasserburg 22: Beste Darstellung
  • Inszenierungspreis der Theatertage Wasserburg für Regie (Thorsten Krohn und die Kulturbühne Spagat)

Die Corona-Situation hat Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen gestellt.
Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor dem Hintergrund dieser Erfahrung mit
auf den Weg geben? Welche Wünsche habt ihr für die Zukunft der freien darstellenden
Künste?

Den Wert der Kunst und Kultur zu schätzen und zu bewahren, vor allem in diesen veränderten Zeiten.

Wie sieht euer aktueller Spielplan aus? Welche „Highlights“ erwarten das Publikum?

Die kommenden Produktionen sind alle toll und aus verschiedenen Themenbereichen: “Blaubart Variationen” beschäftigt sich spielerisch mit dem Thema toxische Männlichkeit, “Nahkampfzone” (AT) beleuchtet die Situation Afghanistans aus weiblicher Sicht und “Keimzellen” setzt sich mit dem ungeborenen Leben und weiblicher Erfüllung auseinander. Alles Highlights!

Und dann nehmen wir unser für den Monica Bleibtreu-Preis nominiertes Theaterstück “Martha” mit der wunderbar “verschalteten” dementen gleichnamigen Dame vor Weihnachten wieder auf. “Kitzeleien – Der Tanz der Wut” wird auch immer wieder im Spagat zu sehen sein. Kommt vorbei, wir freuen uns!

Traumreise zu gewinnen!

vfdkb und Performing for Future laden zur mobilen Nachhaltigkeitsberatung

Meldet euch jetzt, um am 22.11. gemeinsam mit Performing for Future traumhaft von München über Nürnberg nach Frankfurt zu unserer Tagung “2122 – Wer werden wir gewesen sein?” zu reisen. Begleitet werdet ihr von zwei Transformerinnen: Valeria Geritzen und Diana Palm werden eure persönlichen Begleiterinnen sein. Die Freude ist groß, euch zu dieser Traumreise an Bord des ICE 724 begrüßen zu können.
In jeder Hinsicht ein Traum, auf jeden Fall ein Gewinn:

  • Beratung und Austausch zu Fragen der Nachhaltigkeit und deren Umsetzung im Kulturbetrieb inklusive
  • An- und Abreise München-Frankfurt (22. + 23.11.)
  • Übernachtung und Frühstück im Rahmen der Tagung “2122 – Wer werden wir gewesen sein?”

Onboarding: ICE 724, Wagen 27, Sitzplätze 81-86
8:48 Uhr München
9:55 Uhr Nürnberg

Schnell sein und dabei sein:
Anmeldung möglich für max. 6 Personen unter agnes.voneinem@vfdkb.de

Nähere Infos zur Tagung “2122 – Wer werden wir gewesen sein?” findet ihr unter http://werwerdenwirgewesensein.de

Ein Angebot von Performing Arts – Performing Future

#freieszene: Die Naturbühne

Wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Das hundertste Mitglied unseres Verbands — Die Naturbühne in Trebgast!

Die Naturbühne in Trebgast, Copyright: Martin Ritter

Warum habt ihr euch für eine Mitgliedschaft beim vfdkb entschieden?

Durch die Mitgliedschaft im vfdkb sind wir gut mit anderen Kulturschaffenden in Bayern vernetzt. Wir können uns austauschen, haben Möglichkeiten, uns beraten zu lassen und eine Plattform, um schnell an wichtige Informationen für die Kulturbranche zu kommen. Gemeinsam im Verband können wir gestärkt auftreten und unsere Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Medien auch überregional vertreten.

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil
beschreiben?

Unsere Ausrichtung ist Theater im ländlichen Raum. Auf der Naturbühne in Trebgast, einem ehemaligen Steinbruch, wird schon seit über 120 Jahren Theater gespielt. Das abwechslungsreiche Programm aus meist vier Theater-Eigenproduktionen und zahlreichen Gastspielen zieht in den Monaten Mai bis August in Rekordjahren um die 39.000 Zuschauer*innen auf unsere Freilichtbühne. Im Moment versuchen wir, das Repertoire auszuweiten und die Bühne in den Ganzjahresbetrieb zu führen. In Trebgast eine kulturelle Mitte für Oberfranken mit einer Begegnungsplattform für Kulturschaffende zu etablieren ist unsere Vision.

Wie hat sich eure künstlerische Laufbahn entwickelt? Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

In der Konstellation der “die naturbühne gGmbH” sind wir noch sehr jung – unsere Gründung fand erst im Frühjahr 2021 statt. Wir führen seitdem die Naturbühne in Trebgast professionell. In den vergangenen 70 Jahren hat die Naturbühne Trebgast e.V. den Theaterbetrieb nur mit Ehrenamtlichen umgesetzt. Rund 40 Spieler*innen bestritten gemeinsam mit professionellen Regisseur*innen, Bühnenbildner*innen und Kostümbildner*innenn die Freilichtsaison. Das Wirkungsfeld der Naturbühne ist stetig gewachsen und hat die Belastungsgrenzen der Vereinsstruktur erreicht. Dank der professionellen Organisationsstruktur können wir uns jetzt breiter aufstellen, mehr wagen und die Zuschauer*innen zielgerichteter erreichen.

“Der Diener zweier Herren”, Copyright: Thomas Eberlein

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz
besonderen Raum einnimmt?

Ein Kernstück unserer Freilichtbühne ist das Familienstück. Auf diesem wollen wir aufbauen. Für uns ist die Bildungsarbeit ein wichtiges Thema. Daher liegt unser aktueller Fokus auf dem Aufbau einer professionellen Theaterpädagogik. Wir möchten der Theaterjugend eine Plattform und eine lebendige Wirkungsstätte geben. Auch soll das Angebot für unsere jungen Zuschauer*innen generell in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden.
Weiter ist auch die Vernetzung mit Kunst- und Kulturschaffenden in der Region und über die regionalen Grenzen hinaus ein wichtiges Herzensprojekt für uns. Wir wollen kulturelle Vielfalt schaffen und Kultur für alle nahbar machen. Wir konnten bereits einige Theaterprojekte gemeinsam mit regionalen Partnern umsetzen und möchten zukünftig als Theater weiter auf unsere Zuschauer zugehen – unsere Veranstaltungen unter dem Motto „die naturbühne unterwegs“ ist ein erster Schritt dahin. Hierbei bieten wir Theater losgelöst von unserem Standort Trebgast überall in der Region an.

Die Corona-Situation hat Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen gestellt.
Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor dem Hintergrund dieser Erfahrung mit
auf den Weg geben? Welche Wünsche habt ihr für die Zukunft der freien darstellenden
Künste?

Die Wertschätzung für die Kultur als unabdingbarer Baustein der Gesellschaft muss wieder in der Öffentlichkeit verankert werden. Kunst sollte nicht am Ertrag gemessen werden, sondern an ihren Werten für Bildung, Sozialisation, Charakterbildung. Das Selbstverständnis des Theaters sollte unangetastet sein und wir sollten uns nicht immer rechtfertigen müssen für unsere Arbeit. Es wäre wunderbar, als wichtiger und unabdingbarer Teil der Gesellschaft anerkannt und unterstützt zu werden. Das heißt für uns, als solcher nicht fallen gelassen, sondern gestärkt zu werden. Und gerade auch in und nach Krisenzeiten weiter mit Fördermaßnahmen unterstützt zu werden. So stellt der personelle Aufbau für unseren jungen Betrieb aktuell eine große Herausforderung dar – hier wäre es momentan sehr wichtig, mehr Unterstützung zu erhalten.

Wie sieht euer aktueller Spielplan aus? Welche „Highlights“ erwarten das Publikum?

Unser Publikum erwartet im Sommer 2023 eine gute Mischung aus allem, was die Sehnsucht nach Leben ausmacht: Im Gruselklassiker “Dracula” sucht der Vampir die Liebe in seinem ewigen Leben, der “Brandner Kaspar” sucht in der volkstümlichen Komödie das ewige Leben, indem er den Tod austrickst. “Wickie” darf im Familienstück zwischen unseren Felsen die starken Männer austricksen. In Gogols Gesellschaftskomödie “Der Revisor” werden urkomisch die Amtsträger einer Provinzstadt an der Nase herumgeführt. Und in unserer Koproduktion mit dem Theater “Das Baumann” und der Theatergruppe “Der Schauhaufen” bekriegen sich zwei Elternpaare beim “Gott des Gemetzels”. Diese Mischung wird bereichert durch ein abwechslungsreiches Gastspielprogramm aus Musik, Comedy und Kabarett – u.a. mit Götz Alsmann, Konstantin Wecker, Daphne Deluxe, Claudia Koreck, Wigald Boning und Bernhard Hoëcker.
Unseren Spielplan findet ihr hier: https://www.dienaturbuehne.de/.

Dimensionen nachhaltiger Förderung – Bericht zum Nachhaltigkeitstag des vfdkb

Nachhaltigkeit ist ein drängendes Thema – auch und gerade in den freien darstellenden Künsten. Entsprechend freute sich der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb), am 08.10.2022 im Augsburger Sensemble Theater den Blick auf nachhaltige Förderungen und Förderstrukturen in ganz Bayern richten zu können.

Harald Redmer und Aron Weigl führten durch die Veranstaltung. Copyright: vfdkb

Der Verband organisierte die Veranstaltung dabei in Kooperation mit dem bundesweiten Modellprojekt Performing Arts – Performing Future des Bundesverbands Freie Darstellende Künste (BFDK). In dessen Rahmen werden mithilfe von Expert*innen, vorrangig aus dem Netzwerk Performing for Future und kooperierenden Landesverbänden, Theorie- und Praxiswissen zu Nachhaltigkeit in den freien darstellenden Künsten vermittelt. In Augsburg führten Harald Redmer, ehemaliger Leiter des Landesverbands Nordrhein-Westfalen und früherer Vorsitzender des BFDK, und Aron Weigl, Referent für Forschung und Beratung bei Educult, durch die Veranstaltung.

Nach der Begrüßung der Gäste – vor Ort in Augsburg und online im zoom-Meeting – durch vfdkb-Vorsitzende Daniela Aue eröffneten Daniela Koss, Referentin für Theater und Soziokultur bei der Stiftung Niedersachsen, und Aron Weigl die Veranstaltung mit Impulsvorträgen zum Themenkomplex „Nachhaltigkeit und Förderstrukturen“. Beide fassten „Nachhaltigkeit“ nicht lediglich als ökologisches Konzept, sondern als einen auf vier Säulen fußendem Konnex aus ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Komponenten – also als umfassendes Konzept sozialer Gerechtigkeit und bewussten Umgangs mit Ressourcen. Die Sphäre der Kultur tritt in dieser Perspektive als eine zentrale gesellschaftliche Schaltstelle hervor, ohne deren Berücksichtigung der Weg zu einem umfassenden Konzept von Nachhaltigkeit nicht gelingen kann – ein Umstand, den auch die EU-Kommission im Rahmen ihres „Green Deals“ gewürdigt hat. So weist die Kommission gerade die Kunst als eine wichtige Stelle der kreativen Problemlösung und der Vermittlung nachhaltigen Denkens aus.

Starre Strukturen verhindern nachhaltige Innovationen

Auch innerhalb der Sphäre des Kulturellen und der diversen Förderlandschaften müssten im Streben nach Nachhaltigkeit alle vier Säulen berücksichtigt werden, wie Koss hervorhebt: „Der nachhaltige Gedanke muss stets wichtiger sein als eine bloße Einsparung von Kosten“. Entsprechend verweist Koss auf das Förderprogramm NOW! der Stiftung Niedersachsen, in dessen Rahmen das Thema Nachhaltigkeit nicht nur kreativ bearbeitet wird, sondern kleine Kultureinrichtungen auch in Bezug auf die Entwicklung von Klimabilanzen und die Teilnahme an Weiterbildungsprogrammen unterstützt werden. Zu einem nachhaltigen, auf langfristige Entwicklungen bedachten Verständnis von Kunst und Kultur gehört für Weigl nicht zuletzt eine Loslösung der Förderungen von einer bloßen Fokussierung auf immer wieder neue Projekte: Gerade die freien darstellenden Künsten hätten im Zuge der Corona-Situation zwar eine Ausdifferenzierung der Förderlandschaft, etwa mit Blick auf ein verstärktes Angebot von Stipendien und Recherchemöglichkeiten, erlebt, Weigl weist mit Blick auf die Umfrage „Arbeit und Förderung der freien darstellenden Künste in Zeiten von Covid-19“ jedoch darauf hin, dass mittlerweile wieder verstärkt kurzfristige Projektförderungen im Mittelpunkt vieler Förderprogramme stünden. Dabei würde sich eine nachhaltige Perspektive für Künstler*innen wie Förderer*innen auszahlen: „Nachhaltiges Fördern unterstützt Resilienz, fokussiert künstlerische Weiterentwicklung und schließt zukünftige Generationen mit ein.“

Daniela Aue, Aron Weigl und Harald Redmer diskutieren mit den anwesenden Künstler*innen. Copyright: Martin Pfeil

Harald Redmer verweist in seinem anschließenden Kurzvortrag „Nachhaltige Arbeitsstrukturen als Voraussetzung für gelingende künstlerische Praxis in der freien darstellenden Szene“ auf bestehende Problematiken im Rahmen der freien darstellenden Künste, die einer umfassenden Nachhaltigkeit nach wie vor im Wege stünden: Nicht nur würde der Fokus auf Projektförderungen Abhängigkeiten schaffen und wenig Raum für Recherche und Reflexion bieten. In den freien darstellenden Künsten bestünde außerdem ein Mangel an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und dauerhaften Arbeitsverbindungen. Die starren Fördermöglichkeiten und die umfangreiche Bürokratie böten dabei kaum ökologische und ökonomische Anpassungsmöglichkeiten. Die bayerischen Künstler*innen verweisen zudem auf die spezifischen Probleme im Freistaat: Von den Hindernissen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen institutionell Geförderten und freier Szene wegen des Problems der Doppelförderung über sehr kurzfristige Förderungen im Rahmen des Haushaltsbudgets des Landes bis zur Vorgabe, dass Freie Häuser jährlich 100 eigenproduzierte Vorstellungen leisten müssen. In kleineren Kommunen ist eine derartige Anzahl von Vorstellungen meist nicht leistbar oder auch nicht sinnvoll. Entweder führt die Regelung dazu, dass in ländlicheren Regionen freie Spielstätten überhaupt keine staatliche Förderung erhalten, weil sie „die 100“ nicht erreichen. Oder es besteht die Gefahr, dass durch die hohe Anzahl der Aufführungen ein “Überangebot” entsteht.

Kulturschaffende fordern umfassende Reform des bayerischen Förderwesens

In Kleingruppen und anschließend im Plenum diskutierten die Teilnehmer*innen ihre Ideen für eine nachhaltigere Gestaltung der Förderlandschaft in den freien darstellenden Künsten.

So forderten die versammelten Kulturschaffenden eine Reform des bayerischen Förderwesens, auch bezüglich des Schaffens von Freiräumen in der Kalkulation und der vermehrten Bereitstellung von Geldern für Entwicklung, Prozessförderung und Recherche. Neben der Förderung lokaler, verschiedene Institutionen und Sparten verbindender Produktionshäuser regten die Kulturschaffenden zudem den Aufbau zentraler Beratungsstellen für freie Akteur*innen und die bessere finanzielle Ausstattung von Interessenverbänden wie dem vfdkb sowie eine dezidierte Unterstützung bei Übergabeprozessen an. Die Kulturämter wurden dazu aufgerufen, sich gemeinsam mit der jeweiligen freien Szene um nachhaltige Mobilitätskonzepte und gemeinsame Ticketing-Systeme zu bemühen. Schließlich sei, wie eine Teilnehmerin feststellte, „die freie Szene oft stärker und länger in einer Region verhaftet als die wechselnden Intendant*innen und Ensembles vieler Stadttheater.“ Kunst und kulturelle Bildung müssten dabei als zentrale Ressource der demokratischen Gesellschaft anerkannt werden – und damit als ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil von Nachhaltigkeit.

Die Forderungen und Ideen des vfdkb-Nachhaltigkeitstags fanden knapp eine Woche später mit der vfdkb-Vorsitzenden Daniela Aue ihren Weg auf die Podiumsbühne des Münchener „Freischwimmen meets Rodeo“-Festivals. Der Schwerpunkt der Diskussionen im Rahmen des Plenums „Neustart erforderlich? Die freien darstellenden Künste zwischen Krise und Transformation“ lag dabei auf der Förderarchitektur Bund-Stadt-Land. Gemeinsam mit Helge-Björn Meyer, dem Geschäftsführer des BFDK, Sanne Kurz, Mitglied des Bayerischen Landtags (Bündnis 90/Die Grünen) und Julian Warner, dem neuen künstlerischen Leiter des Brechtfestivals in Augsburg, sprach Aue über die Notwendigkeit fairer Honorare und der nachhaltigen Bereitstellung von Ressourcen, die Achtung von Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit in den freien darstellenden Künsten und die Dringlichkeit erhöhter Budgets und angepasster Richtlinien. Insbesondere müsse die Zusammenarbeit zwischen freien Häusern und Einzelkünstler*innen bzw. Ensembles erleichtert werden: „Unser Ziel ist es, Ressourcen wie Raum, Technik und Personal, aber auch künstlerischen Input zu teilen.“

Die vielseitigen Ideen, Anregungen und Forderungen zum Themenkomplex Kultur und Nachhaltigkeit gehören für den vfdkb zum Kernbereich seiner kulturpolitischen Arbeit. Das Vorstandsteam freut sich darauf, die notwendigen Innovationen in enger Abstimmung mit der Mitgliedschaft entschieden – und im besten Sinne nachhaltig –  voranzutreiben.