Wir trauern um Uwe Bertram

Tief betroffen vernehmen wir die Nachricht vom Tod Uwe Bertrams, der am 10. November viel zu früh verstorben ist. Uwe Bertram wirkte zwölf Jahre als Vorstand des vfdkb, hat dessen Struktur maßgeblich mitgeprägt und unermüdlich mit großen kulturpolitischen Engagement für die Belange der freien Theater gekämpft.

Uwe war Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter, ein Theatermensch mit Leib und Seele. An seinem Belacqua Theater rief er 2004 die Wasserburger Theatertage und damit eine Plattform ins Leben, auf der sich die bayerischen freien darstellenden Künste abseits der Metropolen präsentieren können.

Und er war kulturpolitischer Kämpfer, der Einfluss nahm, auch als Juror und im Deutschen Bühnenverein. Seine Hartnäckigkeit und Leidenschaft um mehr Anerkennung und Sichtbarkeit der Privattheater, Ensembles und Einzelkünstler*innen haben die freie Szene auf lange Sicht gestärkt. Er wird fehlen.

Foto: Uwe Bertram bei einer der Eröffnungen der Wasserburger Theatertage, Copyright: Christian Flamm

ČZ-BY-PLATFORM FOR THE INDEPENDENT PERFORMING ARTS

Einladung zum hybriden Pressegespräch am 29.11.2022, 11:00-12:00 Uhr
Bayerische Akademie der Schönen Künste, München

Liebe Freund*innen des vfdkb und der bayerischen freien Szene,

hiermit laden wir Sie und euch recht herzlich zu einem hybriden Pressegespräch am 29. November 2022 um 11 Uhr in die Bayerische Akademie der Schönen Künste ein. Die neugegründete bayerisch-tschechische Kooperationsplattform ČZ-BY-PLATFORM FOR THE INDEPENDENT PERFORMING ARTS wird vom bilateralen Konzeptionsteam – Petr Dlouhý, Kryštof Koláček, Julia Opitz und Axel Tangerding – simultan in München und in Prag vorgestellt. Digital verbunden über Zoom besteht die Möglichkeit zum Dialog zwischen den beiden Städten.

Bereits 2023 werden wir mit verschiedenen Austauschformaten starten, wie gegenseitige Showcases, also Präsentationen bayerischer Produktionen in Tschechien sowie tschechischer Produktionen in Bayern. Weiter ist geplant, dass stets eine Delegation des jeweiligen Landes zu internationalen Veranstaltungen mitreist. Gemeinsam wollen wir als tschechisch-bayerische freie Szene das tschechische Festival Malá Inventura am 25./26. Februar 2023 besuchen und vom 22.-25. Juni 2023 bayerische Produktionen im internationalen Rahmen der Prague Quadrinale zeigen.

Weitere Aktionen in München und in der Metropolregion Nürnberg sind für April 2023 und für September 2023 in Planung. Unser Anliegen ist es, Tanz-, Performance- und Theaterproduktionen eine internationale Bühne zu geben und über die ästhetischen Handschriften, Produktions- und Arbeitsweisen der freien darstellenden Künste in unseren beiden Ländern in einen Austausch zu kommen. Bereits im Mai 2022 trafen sich tschechische und bayerische Kulturschaffende in Nürnberg und München.

Der tschechische Landesverband der freien darstellenden Künste, Czech Association of Independent Theatres (AND ČR), vertreten durch Lenka Havlíková, und der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb), vertreten durch Daniela Aue, haben sich auf eine langfristige Kooperation verständigt. Ausführendes Organ ist das oben erwähnte bayerisch-tschechische Team, das bereits mit dem Aufbau der Plattform für künstlerischen Austausch und bilaterale Vernetzung begonnen hat.

Wir freuen uns auf Ihre und eure Teilnahme an unserem Pressegespräch, in dessen Rahmen das bilaterale Leitungsteam alle Fragen zum Kooperationsprojekt gerne vor Ort in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und online beantwortet.

#freieszene: Kulturbühne Spagat

Wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Die Kulturbühne Spagat in München.

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil
beschreiben?

Kulturelle Inspiration und kreative Teilhabe. Als Teil des sozio-kulturellen Angebots von HORIZONT e.V., Verein der Schauspielerin Jutta Speidel für obdachlose Mütter mit Kindern im Haus Domagkpark, sieht sich die Kulturbühne als Ort, der die Diversität des Hauses und des Viertels widerspiegelt und über die Kunst verbindet. Das Spagat bietet ein Programm aus Theater, Musik, Performance und Diskussion. Der inhaltliche Fokus unserer Theaterproduktionen liegt vorrangig auf gesellschaftsrelevanten, aktuellen und politischen Themen.

Wie hat sich eure künstlerische Laufbahn entwickelt? Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

Spagat entstand 2018 im Münchner Norden. Die “rote Bühne” hat sich seitdem als Freie Bühne Münchens etabliert und nutzt den kleinen Raum immer wieder auf überraschende Weise: als Wohnzimmerbühne, als Aquarium mit den Zuschauer*innen draußen, als Freiluftbühne im Garten, auf dem Bauhausplatz oder am Bühnenfenster.

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz
besonderen Raum einnimmt?

Ja, das sind die VIER Theaterpreise, die wir 2022 für unsere Theaterproduktion “Kitzeleien – Der Tanz der Wut” bekommen haben. Das Theaterstück über sexuelle Gewalt an Kindern von Andréa Bescond  greift teilweise auch die Lebensrealität der Bewohner*innen aus den HORIZONT-Häusern auf, wobei sich dieses schreckliche Problem durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Da sich die Hauptfigur während des Stückes selbst ermächtigt und ihre Wut mit lebensrettendem Humor zu ihrer Rettung umkehrt, ist es eine inspirierende Geschichte. Da das Stück authentisch und künstlerisch sehr anspruchsvoll ist, hoffen wir, ein breiteres Publikum anzusprechen und so auch etwas zum Tabubruch dieses Themas beizutragen.

  • Privattheatertage Hamburg 22: Monica Bleibtreu-Preis, Kategorie Publikum
  • Bayerische Theatertage 22, Bamberg: Publikumspreis
  • Theatertage Wasserburg 22: Beste Darstellung
  • Inszenierungspreis der Theatertage Wasserburg für Regie (Thorsten Krohn und die Kulturbühne Spagat)

Die Corona-Situation hat Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen gestellt.
Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor dem Hintergrund dieser Erfahrung mit
auf den Weg geben? Welche Wünsche habt ihr für die Zukunft der freien darstellenden
Künste?

Den Wert der Kunst und Kultur zu schätzen und zu bewahren, vor allem in diesen veränderten Zeiten.

Wie sieht euer aktueller Spielplan aus? Welche „Highlights“ erwarten das Publikum?

Die kommenden Produktionen sind alle toll und aus verschiedenen Themenbereichen: “Blaubart Variationen” beschäftigt sich spielerisch mit dem Thema toxische Männlichkeit, “Nahkampfzone” (AT) beleuchtet die Situation Afghanistans aus weiblicher Sicht und “Keimzellen” setzt sich mit dem ungeborenen Leben und weiblicher Erfüllung auseinander. Alles Highlights!

Und dann nehmen wir unser für den Monica Bleibtreu-Preis nominiertes Theaterstück “Martha” mit der wunderbar “verschalteten” dementen gleichnamigen Dame vor Weihnachten wieder auf. “Kitzeleien – Der Tanz der Wut” wird auch immer wieder im Spagat zu sehen sein. Kommt vorbei, wir freuen uns!

Traumreise zu gewinnen!

vfdkb und Performing for Future laden zur mobilen Nachhaltigkeitsberatung

Meldet euch jetzt, um am 22.11. gemeinsam mit Performing for Future traumhaft von München über Nürnberg nach Frankfurt zu unserer Tagung “2122 – Wer werden wir gewesen sein?” zu reisen. Begleitet werdet ihr von zwei Transformerinnen: Valeria Geritzen und Diana Palm werden eure persönlichen Begleiterinnen sein. Die Freude ist groß, euch zu dieser Traumreise an Bord des ICE 724 begrüßen zu können.
In jeder Hinsicht ein Traum, auf jeden Fall ein Gewinn:

  • Beratung und Austausch zu Fragen der Nachhaltigkeit und deren Umsetzung im Kulturbetrieb inklusive
  • An- und Abreise München-Frankfurt (22. + 23.11.)
  • Übernachtung und Frühstück im Rahmen der Tagung “2122 – Wer werden wir gewesen sein?”

Onboarding: ICE 724, Wagen 27, Sitzplätze 81-86
8:48 Uhr München
9:55 Uhr Nürnberg

Schnell sein und dabei sein:
Anmeldung möglich für max. 6 Personen unter agnes.voneinem@vfdkb.de

Nähere Infos zur Tagung “2122 – Wer werden wir gewesen sein?” findet ihr unter http://werwerdenwirgewesensein.de

Ein Angebot von Performing Arts – Performing Future

#freieszene: Die Naturbühne

Wer sind die Künstler*innen, Theaterschaffenden und Netzwerkvertreter*innen, die mit ihrem Wirken die bayerische Szene prägen?
In einer Interviewreihe stellt der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. seine Mitglieder vor.

Diese Woche: Das hundertste Mitglied unseres Verbands — Die Naturbühne in Trebgast!

Die Naturbühne in Trebgast, Copyright: Martin Ritter

Warum habt ihr euch für eine Mitgliedschaft beim vfdkb entschieden?

Durch die Mitgliedschaft im vfdkb sind wir gut mit anderen Kulturschaffenden in Bayern vernetzt. Wir können uns austauschen, haben Möglichkeiten, uns beraten zu lassen und eine Plattform, um schnell an wichtige Informationen für die Kulturbranche zu kommen. Gemeinsam im Verband können wir gestärkt auftreten und unsere Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Medien auch überregional vertreten.

Wo liegen die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie würdet ihr euer künstlerisches Profil
beschreiben?

Unsere Ausrichtung ist Theater im ländlichen Raum. Auf der Naturbühne in Trebgast, einem ehemaligen Steinbruch, wird schon seit über 120 Jahren Theater gespielt. Das abwechslungsreiche Programm aus meist vier Theater-Eigenproduktionen und zahlreichen Gastspielen zieht in den Monaten Mai bis August in Rekordjahren um die 39.000 Zuschauer*innen auf unsere Freilichtbühne. Im Moment versuchen wir, das Repertoire auszuweiten und die Bühne in den Ganzjahresbetrieb zu führen. In Trebgast eine kulturelle Mitte für Oberfranken mit einer Begegnungsplattform für Kulturschaffende zu etablieren ist unsere Vision.

Wie hat sich eure künstlerische Laufbahn entwickelt? Seit wann besteht euer Theater und wie hat sich dieses seit der Gründung gewandelt?

In der Konstellation der “die naturbühne gGmbH” sind wir noch sehr jung – unsere Gründung fand erst im Frühjahr 2021 statt. Wir führen seitdem die Naturbühne in Trebgast professionell. In den vergangenen 70 Jahren hat die Naturbühne Trebgast e.V. den Theaterbetrieb nur mit Ehrenamtlichen umgesetzt. Rund 40 Spieler*innen bestritten gemeinsam mit professionellen Regisseur*innen, Bühnenbildner*innen und Kostümbildner*innenn die Freilichtsaison. Das Wirkungsfeld der Naturbühne ist stetig gewachsen und hat die Belastungsgrenzen der Vereinsstruktur erreicht. Dank der professionellen Organisationsstruktur können wir uns jetzt breiter aufstellen, mehr wagen und die Zuschauer*innen zielgerichteter erreichen.

“Der Diener zweier Herren”, Copyright: Thomas Eberlein

Gibt es ein Ereignis oder Projekt, das in eurer künstlerischen Tätigkeit einen ganz
besonderen Raum einnimmt?

Ein Kernstück unserer Freilichtbühne ist das Familienstück. Auf diesem wollen wir aufbauen. Für uns ist die Bildungsarbeit ein wichtiges Thema. Daher liegt unser aktueller Fokus auf dem Aufbau einer professionellen Theaterpädagogik. Wir möchten der Theaterjugend eine Plattform und eine lebendige Wirkungsstätte geben. Auch soll das Angebot für unsere jungen Zuschauer*innen generell in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden.
Weiter ist auch die Vernetzung mit Kunst- und Kulturschaffenden in der Region und über die regionalen Grenzen hinaus ein wichtiges Herzensprojekt für uns. Wir wollen kulturelle Vielfalt schaffen und Kultur für alle nahbar machen. Wir konnten bereits einige Theaterprojekte gemeinsam mit regionalen Partnern umsetzen und möchten zukünftig als Theater weiter auf unsere Zuschauer zugehen – unsere Veranstaltungen unter dem Motto „die naturbühne unterwegs“ ist ein erster Schritt dahin. Hierbei bieten wir Theater losgelöst von unserem Standort Trebgast überall in der Region an.

Die Corona-Situation hat Künstler*innen vor existentielle Herausforderungen gestellt.
Was möchtet ihr Politik und Gesellschaft vor dem Hintergrund dieser Erfahrung mit
auf den Weg geben? Welche Wünsche habt ihr für die Zukunft der freien darstellenden
Künste?

Die Wertschätzung für die Kultur als unabdingbarer Baustein der Gesellschaft muss wieder in der Öffentlichkeit verankert werden. Kunst sollte nicht am Ertrag gemessen werden, sondern an ihren Werten für Bildung, Sozialisation, Charakterbildung. Das Selbstverständnis des Theaters sollte unangetastet sein und wir sollten uns nicht immer rechtfertigen müssen für unsere Arbeit. Es wäre wunderbar, als wichtiger und unabdingbarer Teil der Gesellschaft anerkannt und unterstützt zu werden. Das heißt für uns, als solcher nicht fallen gelassen, sondern gestärkt zu werden. Und gerade auch in und nach Krisenzeiten weiter mit Fördermaßnahmen unterstützt zu werden. So stellt der personelle Aufbau für unseren jungen Betrieb aktuell eine große Herausforderung dar – hier wäre es momentan sehr wichtig, mehr Unterstützung zu erhalten.

Wie sieht euer aktueller Spielplan aus? Welche „Highlights“ erwarten das Publikum?

Unser Publikum erwartet im Sommer 2023 eine gute Mischung aus allem, was die Sehnsucht nach Leben ausmacht: Im Gruselklassiker “Dracula” sucht der Vampir die Liebe in seinem ewigen Leben, der “Brandner Kaspar” sucht in der volkstümlichen Komödie das ewige Leben, indem er den Tod austrickst. “Wickie” darf im Familienstück zwischen unseren Felsen die starken Männer austricksen. In Gogols Gesellschaftskomödie “Der Revisor” werden urkomisch die Amtsträger einer Provinzstadt an der Nase herumgeführt. Und in unserer Koproduktion mit dem Theater “Das Baumann” und der Theatergruppe “Der Schauhaufen” bekriegen sich zwei Elternpaare beim “Gott des Gemetzels”. Diese Mischung wird bereichert durch ein abwechslungsreiches Gastspielprogramm aus Musik, Comedy und Kabarett – u.a. mit Götz Alsmann, Konstantin Wecker, Daphne Deluxe, Claudia Koreck, Wigald Boning und Bernhard Hoëcker.
Unseren Spielplan findet ihr hier: https://www.dienaturbuehne.de/.

Dimensionen nachhaltiger Förderung – Bericht zum Nachhaltigkeitstag des vfdkb

Nachhaltigkeit ist ein drängendes Thema – auch und gerade in den freien darstellenden Künsten. Entsprechend freute sich der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb), am 08.10.2022 im Augsburger Sensemble Theater den Blick auf nachhaltige Förderungen und Förderstrukturen in ganz Bayern richten zu können.

Harald Redmer und Aron Weigl führten durch die Veranstaltung. Copyright: vfdkb

Der Verband organisierte die Veranstaltung dabei in Kooperation mit dem bundesweiten Modellprojekt Performing Arts – Performing Future des Bundesverbands Freie Darstellende Künste (BFDK). In dessen Rahmen werden mithilfe von Expert*innen, vorrangig aus dem Netzwerk Performing for Future und kooperierenden Landesverbänden, Theorie- und Praxiswissen zu Nachhaltigkeit in den freien darstellenden Künsten vermittelt. In Augsburg führten Harald Redmer, ehemaliger Leiter des Landesverbands Nordrhein-Westfalen und früherer Vorsitzender des BFDK, und Aron Weigl, Referent für Forschung und Beratung bei Educult, durch die Veranstaltung.

Nach der Begrüßung der Gäste – vor Ort in Augsburg und online im zoom-Meeting – durch vfdkb-Vorsitzende Daniela Aue eröffneten Daniela Koss, Referentin für Theater und Soziokultur bei der Stiftung Niedersachsen, und Aron Weigl die Veranstaltung mit Impulsvorträgen zum Themenkomplex „Nachhaltigkeit und Förderstrukturen“. Beide fassten „Nachhaltigkeit“ nicht lediglich als ökologisches Konzept, sondern als einen auf vier Säulen fußendem Konnex aus ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Komponenten – also als umfassendes Konzept sozialer Gerechtigkeit und bewussten Umgangs mit Ressourcen. Die Sphäre der Kultur tritt in dieser Perspektive als eine zentrale gesellschaftliche Schaltstelle hervor, ohne deren Berücksichtigung der Weg zu einem umfassenden Konzept von Nachhaltigkeit nicht gelingen kann – ein Umstand, den auch die EU-Kommission im Rahmen ihres „Green Deals“ gewürdigt hat. So weist die Kommission gerade die Kunst als eine wichtige Stelle der kreativen Problemlösung und der Vermittlung nachhaltigen Denkens aus.

Starre Strukturen verhindern nachhaltige Innovationen

Auch innerhalb der Sphäre des Kulturellen und der diversen Förderlandschaften müssten im Streben nach Nachhaltigkeit alle vier Säulen berücksichtigt werden, wie Koss hervorhebt: „Der nachhaltige Gedanke muss stets wichtiger sein als eine bloße Einsparung von Kosten“. Entsprechend verweist Koss auf das Förderprogramm NOW! der Stiftung Niedersachsen, in dessen Rahmen das Thema Nachhaltigkeit nicht nur kreativ bearbeitet wird, sondern kleine Kultureinrichtungen auch in Bezug auf die Entwicklung von Klimabilanzen und die Teilnahme an Weiterbildungsprogrammen unterstützt werden. Zu einem nachhaltigen, auf langfristige Entwicklungen bedachten Verständnis von Kunst und Kultur gehört für Weigl nicht zuletzt eine Loslösung der Förderungen von einer bloßen Fokussierung auf immer wieder neue Projekte: Gerade die freien darstellenden Künsten hätten im Zuge der Corona-Situation zwar eine Ausdifferenzierung der Förderlandschaft, etwa mit Blick auf ein verstärktes Angebot von Stipendien und Recherchemöglichkeiten, erlebt, Weigl weist mit Blick auf die Umfrage „Arbeit und Förderung der freien darstellenden Künste in Zeiten von Covid-19“ jedoch darauf hin, dass mittlerweile wieder verstärkt kurzfristige Projektförderungen im Mittelpunkt vieler Förderprogramme stünden. Dabei würde sich eine nachhaltige Perspektive für Künstler*innen wie Förderer*innen auszahlen: „Nachhaltiges Fördern unterstützt Resilienz, fokussiert künstlerische Weiterentwicklung und schließt zukünftige Generationen mit ein.“

Daniela Aue, Aron Weigl und Harald Redmer diskutieren mit den anwesenden Künstler*innen. Copyright: Martin Pfeil

Harald Redmer verweist in seinem anschließenden Kurzvortrag „Nachhaltige Arbeitsstrukturen als Voraussetzung für gelingende künstlerische Praxis in der freien darstellenden Szene“ auf bestehende Problematiken im Rahmen der freien darstellenden Künste, die einer umfassenden Nachhaltigkeit nach wie vor im Wege stünden: Nicht nur würde der Fokus auf Projektförderungen Abhängigkeiten schaffen und wenig Raum für Recherche und Reflexion bieten. In den freien darstellenden Künsten bestünde außerdem ein Mangel an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und dauerhaften Arbeitsverbindungen. Die starren Fördermöglichkeiten und die umfangreiche Bürokratie böten dabei kaum ökologische und ökonomische Anpassungsmöglichkeiten. Die bayerischen Künstler*innen verweisen zudem auf die spezifischen Probleme im Freistaat: Von den Hindernissen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen institutionell Geförderten und freier Szene wegen des Problems der Doppelförderung über sehr kurzfristige Förderungen im Rahmen des Haushaltsbudgets des Landes bis zur Vorgabe, dass Freie Häuser jährlich 100 eigenproduzierte Vorstellungen leisten müssen. In kleineren Kommunen ist eine derartige Anzahl von Vorstellungen meist nicht leistbar oder auch nicht sinnvoll. Entweder führt die Regelung dazu, dass in ländlicheren Regionen freie Spielstätten überhaupt keine staatliche Förderung erhalten, weil sie „die 100“ nicht erreichen. Oder es besteht die Gefahr, dass durch die hohe Anzahl der Aufführungen ein “Überangebot” entsteht.

Kulturschaffende fordern umfassende Reform des bayerischen Förderwesens

In Kleingruppen und anschließend im Plenum diskutierten die Teilnehmer*innen ihre Ideen für eine nachhaltigere Gestaltung der Förderlandschaft in den freien darstellenden Künsten.

So forderten die versammelten Kulturschaffenden eine Reform des bayerischen Förderwesens, auch bezüglich des Schaffens von Freiräumen in der Kalkulation und der vermehrten Bereitstellung von Geldern für Entwicklung, Prozessförderung und Recherche. Neben der Förderung lokaler, verschiedene Institutionen und Sparten verbindender Produktionshäuser regten die Kulturschaffenden zudem den Aufbau zentraler Beratungsstellen für freie Akteur*innen und die bessere finanzielle Ausstattung von Interessenverbänden wie dem vfdkb sowie eine dezidierte Unterstützung bei Übergabeprozessen an. Die Kulturämter wurden dazu aufgerufen, sich gemeinsam mit der jeweiligen freien Szene um nachhaltige Mobilitätskonzepte und gemeinsame Ticketing-Systeme zu bemühen. Schließlich sei, wie eine Teilnehmerin feststellte, „die freie Szene oft stärker und länger in einer Region verhaftet als die wechselnden Intendant*innen und Ensembles vieler Stadttheater.“ Kunst und kulturelle Bildung müssten dabei als zentrale Ressource der demokratischen Gesellschaft anerkannt werden – und damit als ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil von Nachhaltigkeit.

Die Forderungen und Ideen des vfdkb-Nachhaltigkeitstags fanden knapp eine Woche später mit der vfdkb-Vorsitzenden Daniela Aue ihren Weg auf die Podiumsbühne des Münchener „Freischwimmen meets Rodeo“-Festivals. Der Schwerpunkt der Diskussionen im Rahmen des Plenums „Neustart erforderlich? Die freien darstellenden Künste zwischen Krise und Transformation“ lag dabei auf der Förderarchitektur Bund-Stadt-Land. Gemeinsam mit Helge-Björn Meyer, dem Geschäftsführer des BFDK, Sanne Kurz, Mitglied des Bayerischen Landtags (Bündnis 90/Die Grünen) und Julian Warner, dem neuen künstlerischen Leiter des Brechtfestivals in Augsburg, sprach Aue über die Notwendigkeit fairer Honorare und der nachhaltigen Bereitstellung von Ressourcen, die Achtung von Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit in den freien darstellenden Künsten und die Dringlichkeit erhöhter Budgets und angepasster Richtlinien. Insbesondere müsse die Zusammenarbeit zwischen freien Häusern und Einzelkünstler*innen bzw. Ensembles erleichtert werden: „Unser Ziel ist es, Ressourcen wie Raum, Technik und Personal, aber auch künstlerischen Input zu teilen.“

Die vielseitigen Ideen, Anregungen und Forderungen zum Themenkomplex Kultur und Nachhaltigkeit gehören für den vfdkb zum Kernbereich seiner kulturpolitischen Arbeit. Das Vorstandsteam freut sich darauf, die notwendigen Innovationen in enger Abstimmung mit der Mitgliedschaft entschieden – und im besten Sinne nachhaltig –  voranzutreiben.

2122 – Wer werden wir* gewesen sein?

vfdkb und laPROF Hessen laden am 22. und 23.11.2022 zum Zukunftskongress nach Frankfurt am Main

Im Jahre 2122 treffen sich Humanoide aller Spezies, um das hundertjährige Jubiläum einer Tagung am damaligen Frankfurter Naxos zu begehen…

laPROF Hessen und vfdkb kooperieren seit Anfang 2022 im Rahmen
einer #takeheart-Netzwerk- und Strukturförderung des Fonds Darstellende Künste.
Mit “2122 – Wer werden wir* gewesen sein?” sollen im studioNaxos Frankfurt gemeinsam mit Akteur:innen, Visionär:innen und Aktivist:innen neue Zukunftsszenarien entworfen werden.

Dabei geht es nicht nur um Theater als Alltagspraxis, sondern um dessen Reflexion im Kontext neuer gesellschaftlicher Lebensformen und veränderter Denk- und Wahrnehmungsweisen.
Weitere Infos zur Veranstaltung findet ihr hier: www.werwerdenwirgewesensein.de.

Teilt uns doch bitte mit, ob ihr eine Übernachtung in Frankfurt braucht bzw. eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten könnt, da wir eine Bettenbörse organisieren möchten.
Weitere Informationen zum Ablauf der Veranstaltung folgen.

Anmeldung unter anmeldung@laprof.de bis zum 15.11.2022.

Eine Kooperation zwischen laPROF – Landesverband professionelle Freie Darstellende Künste Hessen e.V. und Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

Heizkosten drohen zu explodieren: Offener Brief des vfdkb an die Politik

Wie alle kleinen und mittelständischen Unternehmen oder Soloselbständigen mit Betriebsräumen sind auch freie Künstler*innen in ihrer wirtschaftlichen Existenz akut bedroht.

In den letzten zwei Jahren haben die freien darstellenden Künste hart unter den Auswirkungen der Pandemie gelitten, durch z.B. monatelange Komplett-Schließungen der Kulturorte und die Quasi-Schließung durch die Platzbegrenzung auf 25%. Wir haben das Beste daraus gemacht, vielfältige Kompetenzen erworben und Strategien entwickelt, um mit den Auswirkungen der Pandemie verantwortungsvoll umgehen und dabei die Gesundheit der Darsteller*innen und Besucher*innen zu schützen.

Seit dem Frühjahr und besonders im Sommer hatte sich die Situation fast wieder normalisiert – bis auf die Tatsache, dass das Publikum an vielen Stellen nur zögerlich zurückkehrte: Dass die Gastronomie im vergangenen Winter ohne Schutzmaßnahmen geöffnet bleiben konnte, während wir trotz Maskenpflicht etc. nur ein Viertel der Plätze besetzen durften, war ein fatales Signal, das leider Wirkung gezeigt hat.

In dieser fragilen Situation treffen uns nun die massiven Erhöhungen der Kosten für Heizung und Energie wie ein Nackenschlag. Häufig vervielfachen sich die Abschläge bereits ab Oktober. Für etliche Kulturorte bedeutet dies das sichere Aus im Laufe der nächsten Monate, falls keine schnelle Unterstützung kommt.

In der Pandemie mussten wir leider die Erfahrung machen, dass Kunst und Kultur zunächst vergessen und als nicht gesellschaftsrelevant eingestuft wurden, bevor wirksame Hilfsprogramme aufgelegt wurden.

Nur durch diese Programme konnten die Häuser UND die Soloselbständigen in unserem Bereich letztendlich durch die Krise gebracht werden. In den freien darstellenden Künsten konnten darüber hinaus durch die in diesem Jahr initiierten Förderprogramme so hoffnungsvolle Signale gesetzt werden. Diese Ressourcen verpuffen völlig, wenn etliche Akteur*innen zum nächsten Jahr keine Spiel- und Probenräume mehr haben, weil sie die Nebenkosten nicht mehr zahlen können.

Wir appellieren dringend an die Politik: Bitte setzen Sie umgehend Hilfsprogramme auf, die diese finanzielle Härte abfangen!

Wir weisen ganz deutlich auf die Gefahr hin, dass diese Akteur*innen, die Orte, welche sie bespielen (im urbanen und ländlichen Raum), sowie ihre Arbeit für das so wichtige gesellschaftliche Miteinander unwiederbringlich verloren zu gehen drohen.

Einladung zum Nachhaltigkeits-Thementag des vfdkb am 08.10.

Nachhaltigkeit ist ein drängendes Thema – auch und gerade in den freien darstellenden Künsten. Wir möchten euch deshalb ganz herzlich zu einer sehr wichtigen Veranstaltung einladen: Am Samstag, den 08.10., richten wir als Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. (vfdkb) zusammen mit dem bundesweiten Netzwerk Performing Arts – Performing Future in Augsburg den Blick auf nachhaltige Förderungen und Förderstrukturen in ganz Bayern.

Zuerst thematisieren Daniela Koß und Aron Weigel in ihren Impulsen das Thema Nachhaltigkeit sowohl als inhaltlichen als auch formalen Aspekt von Förderprogrammen. Dann gehen wir in zwei Workshops mit Aron Weigel und Harald Redmer der Frage nach, wie nachhaltige Förderstrukturen idealerweise aussehen können.

Aus den Workshops werden abschließend gemeinsam Vorschläge erarbeitet, die am 14.10. beim Freischwimmen meets Rodeo-Festival im Rahmen eines Open Tables präsentiert werden.

Alle interessierte Kulturschaffende sind herzlich eingeladen!

Ort: Sensemble Theater Augsburg
Uhrzeit: 11 bis 18 Uhr
Anmeldung: Online via Eventbrite oder via Mail an karen.appel@darstellende-kuenste.de

Digitales Austauschtreffen des Tschechisch-Bayerischen Kooperationsprojekts am 21.09.

Im Rahmen unseres Tschechisch-Bayerischen Kooperationsprojekts möchten wir uns am Mittwoch, den 21.09., ab 10 Uhr zu einer virtuellen Austauschrunde treffen, um über den Stand der Dinge, die Bildung von “Tandems” und die nächsten Schritte und Ziele zu sprechen.

Meldet euch bei Fragen zum Projekt sehr gerne. Auch nicht im vfdkb organisierte Kulturschaffende sind herzlich willkommen.

Anmeldungen bitte via Mail an katharina.stahl@vfdkb.de.


Digital exchange meeting of the Czech-Bavarian cooperation project on 21.09.

As part of our Czech-Bavarian cooperation project, we would like to meet on Wednesday, September 21st, 10 a.m. for a virtual exchange round to talk about the current state of affairs, the formation of ‘tandems’ and the next steps and goals.

Feel free to get in touch if you have any questions about the project. Artists who are not organized in the vfdkb are also very welcome.

Please register via email to katharina.stahl@vfdkb.de.